Die Geschichte des Recyclings I – die Antike

Gepostet von am 26. Apr 2016

Die Geschichte des Recyclings I – die Antike

Wer hätte das gedacht? Die Geschichte des Recyclings beginnt in der Antike. Schon damals, so haben Archäologen belegt, wurde Metall und Glas gesammelt, eingeschmolzen und umgearbeitet. Begleitet mich doch auf meiner Reise in die Vergangenheit, um zu sehen, was dort in Sachen Recycling so los war!

Sabine Ladstätter ist die Leiterin des Österreichischen Archäologischen Instituts. Die 2011 zur „Wissenschaftlerin des Jahres“ gewählte Archäologin grub im Jahr 2012 in Ägypten, genauer auf der Insel Elephantine in Oberägypten, nach ärchäologischen Schätzen. Laut eines Berichts der Onlineausgabe von die presse untersuchte Ladstätter gemeinsam mit ihrem Team im Rahmen eines FWF-Projekts antike Wohnbauten und Hausinventare auf Elephantine sowie in der Region von Syene, dem heutigen Assuan. Gegenüber der Zeitung sagt sie:  „Die Antike war eine starke Recyclinggesellschaft.“

Antike = starke Recyclinggesellschaft

Demnach wurden von den alten Ägyptern unter dem Einfluss der alten Griechen, die mit Alexander dem Großen nach Ägypten kamen, und später der alten Römer, Metalle und Glas gesammelt, eingeschmolzen und umgearbeitet. Altmetallsammler zogen schon damals durch die Straßen der antiken Städte und sammelten ausrangierte Metalle. Belegt werde das Recycling der Altmetalle und des Altglases mit der Tatsache, dass die Archäologen in den antiken Haushalten kaum Metalle oder Gläser haben finden können. Laut Ladstätter sei wohl alles Verwertbare zu Geld gemacht und nicht etwa im Haushalt herumliegen gelassen worden.

Und auch diese Funde zeugen demnach vom Recycling in der Antike: In antiken Schmieden hätte man häufig nur noch die Zehen und/oder Köpfe von Skulpturen aus Metall gefunden. Der Rest des Metalls, davon gehen zumindest die Archäologen aus, sei zu Neuem verarbeitet worden. Ladstätter sagt der Zeitung: „Vor allem in der Spätantike gibt es Hortfunde, wo Altmaterial gesammelt wurde.“ Dort habe man demzufolge Fundstücke wie Münzen, Schmuck und auch Geräte entdeckt, ein Mix ähnlich dem auf heutigen Problemstoffsammelstellen.

Auch aus dem alten Rom weiß man, dass dort Tausende Statuen (hier steht: 4.000 an der Zahl) aus Bronze und Kupfer von den Christen nicht nur zerstört worden waren, sondern auch eingeschmolzen und zu Neuem verwertet wurden. Berichtet wird auch, dass nach Ende des Römischen Reiches Grabräuber Gräber nach Wiederverwertbarem wie Glas oder Metall durchsuchten. Die Grabräuberei nahm solche Ausmaße an, dass „in den Jahren zwischen 500 und 900 nach Christus der Abbau von Metallerzen stark zurückging. Auf der griechischen Insel Rhodos stand einst eines der sieben Weltwunder der Antike, der ‚Koloss von Rhodos‘, eine 30 bis 40 Meter hohe Statue aus Bronze. Er überspannte mit seinen beiden Beinen angeblich die Hafeneinfahrt. Bei einem Erdbeben stürzte er um. Im Jahr 672 wurden Teile der gigantischen Statue von Arabern, welche die Insel erobert hatten, an jüdische Metallhändler verkauft“, schreibt ökoleo hier.

Hier noch ein weiteres Beispiel für antikes Recycling: Das Portal abfallberatung-unterfranken berichtet von alemannischen Handwerkern, die demnach die Griffe römischer Kasserollen ab- und sie an eigene Gefäße wieder anmontierten.

Recycling verwischt Geschichte der Wertstoffverwendung

Doch während die Existenz recycelter Wertstoffe einerseits zu neuen Erkenntnissen über die Geschichte des Recyclings führt, verwischt das Recycling als solches auch die Geschichte der antiken Gesellschaft: Zumindest, so erklärt die Archäologin Ladstätter, ließe sich das Alter bestimmter Materialien, die recycelt wurden, schwerer bestimmen. Schließlich seien beim Recycling Materialien über Jahrhunderte vermischt worden.

Häufig: Entsorgung von Keramik(-baustoffen)

Das bringt uns zu einem weiteren Punkt: Neben Werkstoffen, die verrotteten, und Wertstoffen, die man recycelt hat, finden die Archäologen auch Keramik – ein Material, dass weder verrottet noch recycelbar ist. Laut Aussage von Sabine Ladstätter sei die Entsorgung von Keramik in der Antike sogar problematisch gewesen: Im türkischen Ephesos, einer antiken Metropole, fand die Archäologin mit ihrem Team eine richtige Müllhalde: „Man brachte nach größeren Zerstörungen die Scherben aus der Stadt hinaus“, erklärt sie deren Existenz.

Erstaunliches berichtet Ladstätter auch über die Entsorgung keramischen Bauschutts – entstanden infolge von Erdbeben – in großen Haushalten: Dort behalf man sich laut Ladtsätter in einem Interview mit urbanmining.at so: „Ich arbeite viel in Regionen, wo durch eine rege Erdbebentätigkeit viel Bauschutt zusammenkommt. Es gibt Zeiten, in denen die städtische Verwaltung so gut aufgestellt war, dass man tatsächlich den Schutt aus der Stadt heraus in die Vorstadt brachte. In Ephesos gibt es beispielsweise ein riesiges Schuttdepot mit neun Meter Höhe. In Zeiten allerdings, wo städtische Organisationsformen kriselten, ging man ganz anders damit um: Man planierte den Müll ein. Oder opferte im Haus einen Raum, auf den man verzichten konnte. Dann wurden die Türen zugemörtelt und von oben der Schutt eingelassen, bis der Raum voll war.

Selten: Recycling von Keramik

Doch auch wenn Keramik das einzige Material gewesen sei, das massenweise weggeworfen wurde, gebe es laut Ladstätter auch Belege von dessen Wiederverwendung: „Ging ein Behältnis zu Bruch, so wurden aus den einzelnen Scherben neue Objekte hergestellt wie Gewichte für Webstühle. Aber in Summe sind viele Scherben übrig geblieben – deswegen leben wir Archäologen von der Keramik, weil die eben nicht zur Gänze wiederverwertet wurde“, sagt sie im selben Interview.

Da sich die Herkunft von Keramik mithilfe petrografischer und chemischer Analysen leicht bestimmen ließe, zeige die Analyse, ob lokale Ressourcen verwendet wurden oder das Material importiert wurde. Apropos Materialimport: Schon im alten Rom sei der Import von Luxusgütern aus aller Welt kritisiert worden. Die Kritiker befürworteten stattdessen die Rückbesinnung auf lokale/regionale Güter und Dienstleistungen. Ladstätter sagt dazu:  „Umweltaspekte spielten immer eine große Rolle. Vor allem bei philosophischen Überlegungen, wohin sich der Mensch bewegt und welche Werte er verkörpern soll.“ Der Aspekt der Dekadenz sei ihr zufolge Thema großer Debatten gewesen. Zugleich sei von den alten Römern das ländliche, bäuerliche Leben idealisiert.

Lektüretipps:

Wer tiefer in die Geschichte des Recyclings vordringen möchte, dem empfehle ich die folgende Lektüre:

  • Abhandlung „Deponierung und Recycling. Erste Geanken zur Abfall- und Müllwirtschaft auf dem Mgdalensberg“ von Eleni Schindler Kaudelka hier als PDF
  • Artikel „Glasrecycling bei den Römern“ von Sylvia Fünfschilling hier als PDF

 

Überblick:
Die Geschichte des Recyclings – Von der Antike bis zur Gegenwart

 

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    1 Kommentar

  1. Hallo Doreen,

    das ist echt ein interessanter Artikel! Hätten wir gar nicht gedacht, dass Recycling schon in der Antike so eine große Rolle gespielt hat! Auf den nächsten Teil der Reihe sind wir schon gespannt. Wie wird wohl Karl der Große im Mittelalter recycelt haben?

    Viele Grüße
    Das Change-M-Team

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