Sperrmüll: Recycling, Upcycling & Downcycling als Alternativen zum Lagern und Wegwerfen

Gepostet von am 22. Sep 2015

Sperrmüll: Recycling, Upcycling & Downcycling als Alternativen zum Lagern und Wegwerfen

Deutsche Keller und Dachböden sind offensichtlich wahre Schatzkammern. Und werden als solche oft unterschätzt. Einst wertgeschätzt, dann ersetzt, landen dort ausrangierte Gebrauchsgegenstände wie der alte Sessel, das Schuhregal, der Drucker oder das Kaffeeservice der verstorbenen Großmutter. Vieles Dinge, von denen wir uns (noch) nicht trennen wollen. Sie werden sie gehortet – solange es der Lagerraum zulässt. Dabei gäbe es wertschätzende Alternativen – sowohl zum Lagern als auch zum Entsorgen des Zeugs als Haus- oder Sperrmüll: Wie wäre es zum Beispiel mit Spenden, Upcycling oder Downcycling?

Die Grundschule meiner Kinder ist ein ehrwürdiges altes Gebäude aus der Kaiserzeit mitten im dichtbesiedelten Stadtteil Hamburg-Eimsbüttel. Schon als ich sie das erste Mal betrat, roch ich diesen typischen Schulhausduft nach angetrockneten Schulbroten mit schlabbrigen Gurkenscheiben, Fußbodenreiniger und Farbe. Es ist ein liebenswertes Gebäude! Es reiht sich in das in der Gegend übliche gründerzeitliche Straßenbild ein. Die 1958 Wand an Wand als Ersatzbau errichtete Turnhalle, deren Original war im Zweiten Weltkrieg zerstört worden, allerdings passte optisch nicht dazu. Doch auch der Ersatz leistete bislang vielen Schülern seine Dienste, darunter auch meinen drei Schulkindern. Jetzt wird die alte Schule von Grund auf saniert. Die hässliche Turnhalle musste bereits weichen, stattdessen soll es einen Erweiterungsbau mit Pausenhalle, Sporthalle und weiteren Unterrichtsräumen geben. Damit unsere Kinder nicht zwei Jahre in einer Baustelle Lesen, Schreiben und Rechnen lernen, ist die Schule diesen Sommer mit Sack und Pack umgezogen. Zu unser aller Glück gab’s in der Nähe eine leerstehende Schule. Meine Kinder sparen sich dorthin sogar einige Meter Schulweg und können morgens somit etwas länger schlafen. Der Umzug und die Gestaltung der Räume in der neuen Schule haben so manchen Lehrer dazu veranlasst, seinen eigenen Keller nach möglichen Einrichtungs- und Deko-Gegenständen zu durchsuchen und auf den zu Schuljahresbeginn üblichen Elternabenden auch uns Eltern danach zu fragen.

Zeitgeist 2015: Erst mal alles sammeln … dann sehen wir weiter, oder?

Der Lehrer meines Sohnes suchte beispielsweise nach einem Regal und einem runden Teppich. Die Lehrerin meiner Tochter brauchte gleich mehrere Teppiche, Zeug für eine Kuschelecke und jede Menge Wanddekoration. Und was soll ich sagen? Bereits auf den Elternabenden selbst kamen die ersten Angebote unsererseits. In Gesprächen mit anderen Eltern hörte ich keinen Satz häufiger als den: „Unser Keller/Boden ist so voll …“ Weitere Fundstücke wurden den Lehrern per Mail angeboten, auch von mir. Ich bot drei Sitzkissen für die Kuschelecke an. Die sind bei uns übrig und nehmen viel Raum ein. Recht schnell kam eine E-Mail, in der sich die Lehrer bedankten und zugleich ihrer Überraschung über die Vielzahl der Angebote Ausdruck verliehen.

Sperrmüllschätze füllen deutsche Keller und Böden

Warum ich das so ausführlich schildere? Nun, weil ich meine, damit ein klitzekleines bisschen Zeitgeist eingefangen zu haben: Wir alle in Wohlstandsgesellschaften wie der unseren leben in Wohnungen und Häusern, eingerichtet ganz nach unserem Geschmack. Wobei die Einrichtung weit über das Notwendigste zum Leben hinausgeht. Viele von uns haben offensichtlich volle Keller oder Böden mit – zumindest aus den Wohnräumen – ausrangierten Gebrauchsgegenständen, darunter Möbel, Wohnaccessoires, alte Haushaltsgeräte, kleine wie große, und jede Menge Computertechnik. Viele Dinge also, die man auch als Sperrmüll hätte ordentlich entsorgen können.

Verschenken oder Spenden sind Alternativen zu Lagern und Entsorgen

Gleichwohl es inzwischen sogar TV-Shows zum Sperrmüll gibt, zum Beispiel „Der Trödeltrupp – Das Geld liegt im Keller“, die Woche für Woche Einblicke in deutsche Haushalte bieten, will ich an dieser Stelle nur von mir und meinem Haushalt ausgehen und zugeben, dass viele der bei mir in den Keller gewanderten Sachen nicht mehr zurück in die Wohnung kommen. Nach geraumer Weile des Nichtnutzens und unnötig Platzinanspruchnehmens befasse ich mich platzgedrungen mit den Sachen und ihrer Entsorgung. Spätestens dann, wenn der Keller voll ist. Allerspätestens dann, wenn ein Umzug ansteht. Oft starte ich eine Umfrage zum Verschenken im Bekanntenkreis, die mal Abnehmer für das eine oder andere bringt, mal nicht. Dann wird gespendet, was meines Erachtens spendbar ist. Der Rest wandert in den Müll und Sperrmüll. Wohin auch sonst?

Wenn 2011 pro Kopf hierzulande 29 Kilogramm an Sperrmüll gesammelt wurden, waren das in meiner Familie – damals noch mit drei Kindern – 145 Kilogramm. Zu sechst produzieren wir dem Deutschen Wirtschaftsdienst zufolge im Jahr also fast 180 Kilogramm Sperrmüll jährlich. Was mit dem in Deutschland passiert, darauf bin ich hier auf dem Blog schon näher eingegangen. Ich schreib‘ nur: Müllverbrennungsanlage.

Weitere Überlebenschancen für Sperrmüll: Upcycling und Downcycling

Dass viele Dinge, die – ganz gleich, ob jahrelang „zwischengelagert“ oder gleich nach dem Ausrangieren entsorgt – auf dem Sperrmüll landen, durchaus noch funktionstüchtig sind, steht für mich außer Frage. Denn wir alle ersetzen heutzutage längst nicht mehr nur Kaputtes, sondern auch Unmodernes, Langsameres, emotional Belastetes und so weiter und so fort. Gründe gibt’s genug, Ersatzkäufe zu tätigen. Selbst Stress- und Frustminderung sowie Trost sind Wirkungen, die wir uns von Einkäufen versprechen.

Dabei könnte man Funktionstüchtiges theoretisch bis zum Produkttod weiter verwenden. Will man das partout nicht, könnte man es aber auch weiter verwerten: als Rohstoff für neue Dinge, die man daraus macht. Das wäre dann das klassische Recycling. Sind die recycelten Produkte schlussendlich höherwertig, spricht man übrigens von Upcycling (Aufwertung). Im Gegensatz dazu steht das Downcycling (Abwertung), dessen Ergebnisse minderwertiger als ihre Ausgangsstoffe sind.

Ich bin von Haus aus jemand, der sich für den Lebensweg der Dinge interessiert. Ich habe während meines Studiums jahrelang in einem Antiquitätenladen gearbeitet und dabei mein Herz für alte Möbel entdeckt. Die erzählen mir eine Geschichte und erfüllen in der mir liebsten Möbelepoche Jugendstil immerhin schon seit gut einem Jahrhundert ihre Aufgabe. Meine alten Stücke werde ich keinesfalls ersetzen. Im Gegenteil: Ich hüte und pflege sie, damit sie lange bei mir bleiben. Ich habe sie alle selbst bezahlt. Mit Geld, dass ich selbst erarbeitet habe. Dafür habe ich also einen Teil meines Lebens hingegeben. Ich schätze sie entsprechend. Sie waren und sind mir das wert. Das sei hier nur mal so nebenbei erwähnt, gleichwohl es keinesfalls nebensächlich ist. Und weil ich mich dafür interessiere, kenne ich jede Menge Optionen zum Upcycling von Sperrmüll. Kleiner Tipp: Das Internet ist eine wahre Fundgrube dafür.

Paradebeispiel fürs Upcycling: DIY-Palettenmöbel

Bestes Beispiel ist das Upcycling von Europaletten. Schaut mal nach dem Suchbegriff „Palettenmöbel“ bei Google und Co.! Was ihr da an Fundstellen seht, sind Alternativen zu Müll! Es sind Auswege aus der Müllmisere, in der wir bis zum Hals stecken.

Kaufen ist ein Tauschen von Ware gegen Lebenszeit

Doch obwohl ich wirklich viele solche gute Möglichkeiten zum Upcycling kenne und mir das Wohl unseres Planeten sehr am Herzen liegt, muss ich gestehen, dass ich kaum (mehr – früher, also vor den vier Kindern, war das anders) Hand anlege und bastele, um sie umzusetzen. Dafür fehlt mir schlichtweg die Zeit. Vielen von euch geht es ähnlich, nehme ich an. Anders kann ich mir die Schätze in unseren Kellern und Dachböden nicht erklären.

Aber: Die fehlende Zeit zum Upcycling entbindet mich (uns) natürlich nicht von der Verantwortung, etwas Besseres mit unseren sieben Sachen zu tun, als sie in Keller und Dachboden zu sammeln oder auf den Sperrmüll zu werfen. Ein Thema, an dem ich dranbleibe.

Vielleicht hilft es ja schon, jeden Kauf bewusst als Tausch von Ware gegen Lebenszeit (die für den Gelderwerb draufgeht) zu betrachten …?

PS: Auf meinen drei Sitzkissen bin ich dieses Mal übrigens buchstäblich sitzengeblieben. Noch sind sie zu haben. Hat jemand Interesse? Falls nicht bleibt mir nur der Sperrmüll.

 

Weiterer Artikel zum Thema Sperrmüll:

WAS ZUR ORDENTLICHEN ENTSORGUNG VON SPERRMÜLL GEHÖRT

 

 

 

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