Recycling – Von Geld und Gold und Klimaschutz

Gepostet von am 12. Mai 2015

Recycling – Von Geld und Gold und Klimaschutz

Es landet vieles im Müll, was dort gar nichts zu suchen hat. Einiges ist von großem Wert, selten und muss erst importiert werden – um dann im Müll zu enden. Deutschland ist in Europa zwar Vorreiter im Recyceln, nützt sein Potential aber nicht annähernd. Über Chancen und im Abfall verborgene Schätze.

Ab dem heurigen Jahr müssen Bio- und Grünabfälle, Papier, Metalle, Kunststoffe und Glas getrennt gesammelt werden. Das haben 2008 das Europäische Parlament und die zuständigen Minister der EU-Mitgliedsstaaten beschlossen. Aus diesem Grund wird in Deutschland an einem Wertstoffgesetz gebastelt, das die Recyclingquote erhöhen soll.

Und wieder mischt sich die EU in Dinge ein, die sie nichts angeht, werden sich einige denken. Nachdem die EU schon vorschreibt, was für eine Lampe wir in die Deckenleuchte schrauben sollen und wie stark unser Dyson saugen darf, kramt sie als nächstes in unserem Müll herum. Und was glaubt die EU dort zu finden? Wieso waren sich die Mitgliedstaaten einig, bevormundend in die Abfallentsorgung einzugreifen? Und was soll das bringen?

Massives Ungleichgewicht in EU

Deutschland ist im Recyceln ein Vorreiter innerhalb der EU. 62% des Mülls von Haushalten und öffentlichen Plätzen werden wiederaufbereitet – soviel wie sonst nur in Österreich. Der Rest wird verbrannt. Deponiert wird davon so gut wie gar nichts. Doch so wie in Deutschland sieht es nicht überall in der EU aus. Während in Italien und Großbritannien die Hälfte des Mülls deponiert wird, sind es in Malta, Kroatien und Bulgarien über 90%. In Rumänien gibt es gar kein Recycling von Haushaltsabfällen – dort landet sämtlicher Müll auf Deponien.

Allein diese Zahlen offenbaren ein immenses Ungleichgewicht in der Abfallwirtschaft innerhalb der EU. Dies ist nur ein Beispiel von vielen, das zeigt, wie nötig es ist, die Recyclingquoten zu erhöhen – nicht nur in Deutschland. Für eine Harmonisierung in der EU dankt nicht nur die Umwelt, sondern auch die Abfallwirtschaft.

Recycling boomt

Kein Wirtschaftssektor ist in den letzten Jahren so stark gewachsen wie der Entsorgungs- und Recyclingsektor. Zwischen 1995 und 2009 stieg der Umsatz in Deutschland um mehr als das Fünffache: 520%. Kein Wunder; denn die Branche ist eine junge. Noch in den 1970er Jahren wurde Müll neben Städten und Dörfern deponiert und vergraben – Recycling und Mülltrennen waren Fremdwörter.

In den 1980er Jahren entwickelte sich langsam ein Problembewusstsein. Heute ist Recycling eine Selbstverständlichkeit. Führt man sich vor Augen, dass wertvolle Rohstoffe immer knapper werden und zuhauf im Müll verschwinden, ist Recycling auch eine Notwendigkeit.

Milliardenwerte im Abfall

Der Abfall in den alten vergrabenen Deponien besteht zu 4% aus Metall. Das scheint nicht viel zu sein. Aber ein kleiner Teil dieser 4% ist Kupfer im Wert von 6 Milliarden Euro. Und das ist viel. Heute wird anders verfahren. Der Wert von Kupfer und anderen Metallen und Rohstoffen ist hinlänglich bekannt. Niemand würde wissentlich einen Schatz von 6 Milliarden Euro in den Müll werfen. Doch es passiert.

Da Wertstoffe wie Papier, Kunststoffe, Glas und Metalle bei der Mülltrennung nicht ausreichend erfasst werden, geht der deutschen Volkswirtschaft ein Vermögen verloren. Durch besseres Recycling könnte der Ausstoß von Treibhausgasen verringert und Energie gespart werden. Außerdem könnten mehr weggeworfene Rohstoffe zurück in den Kreislauf fließen. Der Müll ist also Herausforderung und Lösung zugleich.

Wertstoffe im Restmüll

37 Millionen Tonnen oder das Gewicht von 5 Millionen Elefanten. Und das Gewicht des Mülls, den öffentlich beauftragte Abfallentsorger jährlich in Deutschland einsammeln. Davon werden rund 12 Millionen Tonnen – also ein Drittel – als Wertstoffe erfasst. 13,4 Millionen Tonnen zählen als Restmüll. Und fast zwei Drittel dieses Restmülls sind eigentlich Wertstoffe, die man recyceln könnte. Dasselbe gilt für Sperrmüll.

Schwer zu glauben, aber wahr: Das meiste des typischen Restmülls ist wiederverwertbar. Das meiste, was wir in den Mistkübel schmeißen, ist nicht dazu gedacht, für immer zu verschwinden, sondern hat einen Wert, den derzeit niemand bereit ist zu nutzen. Das ist eine immense Vergeudung wichtiger Ressourcen.

Starke Reduktion von Restmüll möglich

Wir schaffen also Müll, der im Grunde keiner ist. Es wäre utopisch, davon auszugehen, alles an Wertstoffen aus dem Restmüll zu filtern. Aber die Restmülltonne weiterhin mit wiederverwertbarem Material zu füttern, ist auch keine Perspektive. Das was möglich ist, liegt dazwischen.

Durchschnittlich entsorgt jeder Deutsche im Jahr 100 Kilogramm an Wertstoffen als Rest- und Sperrmüll. Sie und ich; wir verschwenden meist unwissentlich 100 Kilogramm an recycelbaren Stoffen. Schafft man es, dieses Potential annähernd abzuschöpfen, könnte man Rest- und Sperrmüll um rund ein Drittel reduzieren. Das sind rund 6,5 Millionen Tonnen – und entspricht dem Gewicht der Cheops-Pyramide in Gizeh.

Weniger Müll, weniger Treibhausgase

Die Rechnung ist eine einfache: Gibt es weniger Müll, wird auch weniger CO2 ausgestoßen, das die Umwelt massiv belastet. Durch das Recyceln von Wertstoffen und dem infolge geringeren Rest- und Sperrmüllaufkommen verringert sich der jährliche CO2-Ausstoß um 1,6 Millionen Tonnen. Geht man davon aus, dass Bio- und Grünabfälle künftig vermehrt in Vergärungsanlagen landen, ist sogar eine Reduktion um 2 Millionen Tonnen CO2 möglich.

Aber wieso sind Treibhausgase im Zusammenhang mit Müll interessant? Bei der Energieerzeugung und durch den Straßenverkehr spielt der CO2-Ausstoß zwar eine größere Rolle als bei der Müllentsorgung. Diese Bereiche sind aber viel schwerer zu regulieren. Und Deutschland muss seinen Ausstoß schädlicher Gase eindämmen. Einerseits wegen dem Kyoto-Protokoll, andererseits weil die Erderwärmung, die das natürliche Gleichgewicht der Umwelt stört, nicht mehr wegzudiskutieren ist.

Rohstoffe sparen durch Recycling

Durch effizienteres Recycling kann man den Müll reduzieren, Treibhausgase verringern, Energie sparen und Rohstoffe bewahren. Wie eine Studie von CUTEC und Fraunhofer UMSICHT zeigt, könnten jährlich 2,7 Millionen Tonnen an Rohstoffen wiederaufbereitet werden – beispielsweise Altpapier für die Papiererzeugung. Wenn mehr Altpapier zur Verfügung steht, muss weniger Frischholz für die Papierproduktion herangezogen werden. Insgesamt würden Rohstoffe in einer Menge von 4,7 Millionen Tonnen eingespart.

Das größte Recyclingpotential bieten die Ressourcen der Wertstoffe Altpapier, Bio- und Grünabfälle. Auf Platz 3 folgen schon die Metalle. Und zu den Metallen zählen auch die Seltenen Erden.

Seltene Erden und Gold vor der Haustür

Seltene Erden müssen aus China importiert werden. Man findet sie in Smartphones und Windkraftanlagen. Unheimlich rar, unheimlich wertvoll. Aber es gibt sie nicht mehr nur in China. Auch im Müll findet man viel davon. Und nicht nur auf Seltene Erden stößt man im Abfall. So sind in einer Tonne alter Handys 300 Gramm Gold enthalten. Um das Recycling dieser wertvollen Ressourcen besser gewährleisten zu können, plant die deutsche Regierung ein Gesetz, das große Elektrohändler verpflichtet, alte Geräte zurückzunehmen.

100% Recycling als Ziel

Ein von Bundeskanzlerin Angela Merkel einberufenes Expertengremium hat im Jahr 2011 in dieselbe Stoßrichtung argumentiert. Schon damals hieß es: Der Hersteller dürfe die Verantwortung über sein Produkt nicht abgeben. Die Produkte sollten von uns Verbrauchern nur noch gemietet werden. Für das Recyceln der alten Ware hätte der Hersteller Sorge zu tragen. Auch zeigte sich das Gremien – was die Zukunft des Recyclings betrifft – optimistischer, als jede Studie zu dem Thema und verkündete: Eine 100%ige Kreislaufwirtschaft sei möglich.

 

Quellen:

Studie: Treibhausgas- und Ressourceneinsparpotenziale gesteigerter Erfassungsmengen und Verwertungsquoten

Recycling und Rohstoffe, Band 8 (VIVIS Verlag)

Recycling und Rohstoffe, Band 7 (VIVIS Verlag)

http://www.br.de/fernsehen/bayerisches-fernsehen/sendungen/unkraut/themen-nach-rubriken/energie-umwelt/muell-recycling-rohstoffe-abfall-100.html

http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/rohstoffe-experten-halten-100-prozent-recycling-fuer-moeglich-a-766230.html

http://www.spiegel.de/wirtschaft/service/alte-elektrogeraete-sollen-per-gesetz-wieder-zu-haendlern-a-1023022.html

http://www.zeit.de/2012/20/Rohstoffe-Recycling/seite-2

http://www.sueddeutsche.de/wissen/wiederverwertung-rohstoff-schrott-1.1043483

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