Interview: Roland Wilhelm einer von Hamburgs Entsorgern

Gepostet von am 13. Okt 2015

Interview: Roland Wilhelm einer von Hamburgs Entsorgern

Doreen Brumme für Wertstoffblog.de: Moin, Moin, Roland Wilhelm, Sie sind einer von Hamburgs „Müllmännern“ – darf man das überhaupt so sagen? Oder lautet Ihre Berufsbezeichnung anders?

Roland Wilhelm: Entsorger ist die offizielle Bezeichnung, aber für die Hamburger Bürger sind wir ihre „Müllmänner“. Und das ist auch okay für uns.

Stellen Sie sich doch bitte kurz vor!

Ich bin 64 Jahre alt, verheiratet und echter Hamburger.

Beschreiben Sie uns bitte den typischen Arbeitstag eines Hamburger Müllmanns!

Mein Tag beginnt morgens um ca. 4 Uhr mit dem Weckerklingeln. Arbeitsbeginn ist dann um 6 Uhr mit dem Einteilen der Kolonnen. Um ca. 9 Uhr gibt es ein kurzes Frühstück, bevor es bis 12 Uhr wieder raus geht. Dann gönnt man sich ein Mittagessen und fährt noch einmal für knapp zwei Stunden raus, bis um 14:07 Uhr der Feierabend eingeläutet wird.

Und welche Aufgaben erledigen Sie dabei genau?

Es gibt einen Fahrer in der Kolonne. Je nach Tour zwei bis drei Entsorger, wobei das Rausholen, Kippen und Reinbringen der Eimer meist täglich wechselt.

© Bild: Roland Wilhelm

© Bild: Stadtreinigung Hamburg/Scholz & Friends/Roland Wilhelm

Wie lange sind Sie schon in der orangen Truppe? Wie kamen Sie dorthin?

Ich bin fast 40 Jahre und in der „zweiten Generation“ in orange. Bereits mein Vater arbeitete für die Hamburger Stadtreinigung.

Ist das Ihr Traumberuf?

Traumberuf? Mittlerweile ist er es geworden.

Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit? Sind Sie stolz auf Ihre Tätigkeit?

Mir gefällt das gute Verhältnis unter den Kollegen, dass man ständig an der frischen Luft arbeitet und man viel in Hamburg herumkommt. Ein wenig stolz bin ich schon, da ich etwas dazu beitrage, das Erscheinungsbild Hamburgs in puncto Sauberkeit mitzugestalten.

Wie begegnet man Ihnen während der Arbeit, gibt’s ein Nicken, einen Gruß von den Hamburgern?

Das erleben wir tagtäglich, auf vielen Touren stehen kleine Kinder mit Müttern oder Vätern an den Fenstern und winken.

Zur Frage eben gibt es folgenden Hintergrund: Im Frühsommer beklagte der Oberbürgermeister von Tübingen, Boris Palmer, der für anderthalb Stunden als Müllmann in seiner Stadt unterwegs war, dass niemand die Müllabfuhr grüße. Wie ist das in der Hansestadt: Fühlen Sie sich als Müllmann in Hamburg von denen, deren Müll sie sammeln wertgeschätzt?

Des Öfteren hört man von den Bürgern, „Schön!“ oder „Gut, dass es Sie gibt!“.

Mit Ihrer Arbeit entsorgen Sie schmutzigen Müll, damit es in der Stadt sauber bleibt. Empfinden Sie Ihre Arbeit als einen schmutzigen Job?

Dass wir nicht in einem sterilen Raum arbeiten würden, wussten wir alle, als wir hier anfingen. Aber „schmutzig“ würde ich den Job nicht nennen.

Ist Müll für Sie eher etwas, das weg muss, also wertlos ist, oder sehen Sie darin auch Wertstoffe?

Der Müll muss entsorgt werden, das ist klar. Die Frage ist nur: wie? Das kann jeder selbst durch seine Mülltrennung bestimmen.

Was passiert mit dem Müll, wenn Sie ihn im Wagen haben eigentlich genau? (Beschreibung des Entsorgungsweges)

Ist der Wagen voll, fahren wir zur Verbrennung. Dort wird „gekippt“, der Müll wird mit anderem Müll vermischt und dann verbrannt. Dabei werden Metalle und andere Wertstoffe heraussortiert. Und je nach Anlage wird mit dem Müll Strom oder Fernwärme oder beides produziert.

Sie haben ja nun direkten Kontakt zum Müll der Hamburger. Können Sie bewerten, ob die Hamburger immer mehr oder immer weniger Müll wegwerfen?

Das reine Aufkommen von Restmüll geht  durch den Einsatz von Bio-, Papier- und Wertstofftonnen zurück.

Wie diszipliniert entsorgen die Hamburger ihren Müll? Landet alles in der Tonne?

Im Großen und Ganzen sind die Hamburger sehr diszipliniert, aber es gibt leider auch immer ein paar Dreckfinken, die ihren Müll achtlos wegwerfen.

Werfen Sie auch mal einen Blick in die Tonnen? Wird dort auch immer das Richtige reingeschmissen?

Uns fallen immer mal wieder Elektrogeräte im Restmüll auf, die den falschen Entsorgungsweg gehen.

Können Sie am Müll erkennen, in welchem Stadtteil Sie gerade sammeln? Gibt es in Sachen Müll Unterschiede zwischen Hamburgs sozialen Brennpunkten und den gut betuchten Vierteln?

Es gibt schon kleine Unterschiede, was die Trennung von Hausmüll und Wertstoffen sowie das Erscheinungsbild der Standplätze betrifft.

Hamburg ist in Sachen Wertstoffsammlung seit Jahren schon Pilotprojekt. Was halten Sie von der Gelben Tonne/Wertstofftonne? Trägt sie dazu bei, dass wir Wertstoffe im Müll besser entsorgen und einer Wiederverwertung zuführen können?

Die Einführung der Gelben Tonnen hat schon zu einer Verbesserung geführt, aber noch nicht jeder Bürger macht von ihr Gebrauch. Nicht zu vergessen sind auch die Bio- und Papiertonne.

Gibt es Dinge, die Sie an Ihrem Job ärgern? Wenn ja, welche?

Ungeduldige Autofahrer und falsch befüllte Tonnen.

Sehen Sie Probleme in unserem Umgang mit Müll? Was könnten wir besser machen?

Leider werden viel zu häufig Sachen entsorgt, die anderen Menschen – gerade in der heutigen Zeit – noch von Nutzen sein könnten. Stichwort: Kaufhaus Stilbruch. Vor allem die Industrie (Lebensmittel, Kosmetika) mit ihren überdimensionierten Verpackungen sollte sich etwas einfallen lassen, um so Ressourcen zu sparen.

Hat Ihr Job Sie in irgendeiner Weise dazu bewogen, auch privat Müll zu vermeiden, Müll sorgfältig(er) zu entsorgen?

Ich bemühe mich im eigenen Haushalt, die angebotenen Tonnen zu nutzen.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft:

… in Sachen Müllpolitik

… dass der eingeschlagene Weg der Stadtreinigung Hamburg konsequent verfolgt wird.

in Sachen Entsorgung seitens der Verbraucher?

… das Angebot der vorhandenen Tonnen (Restmüll, Bio, Papier, Wertstoffe) noch effizienter zu nutzen und in den Alltag zu integrieren.

Roland Wilhelm, ich danke Ihnen herzlich, dass Sie sich die Zeit genommen und uns Rede und Antwort gestanden haben! Und Tschüss!

 

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