DSD Historie VII – Das Nachspiel der Justiz

Gepostet von am 3. Dez 2015

DSD Historie VII – Das Nachspiel der Justiz

„War der Verkauf an KKR durch ein Gefälligkeitsgutachten viel zu billig?“

Erst Jubel, dann Ernüchterung

53 Minuten. So lange unterhielten sich die Manager von Kohlberg Kravis Roberts & Co (KKR) und Duales System Deutschland (DSD) in einem Zimmer, bis klar war, dass DSD an KKR verkauft wird. Es schien zunächst wie ein Freudentag für alle. Die bisherigen Anteilseigner von DSD wurden ausbezahlt. Der damalige Vorstandschef Hans-Peter Repnik war sicher, das Unternehmen würde durch die Transaktion gestärkt. Der Investor KKR hatte vor, das billig erstandene DSD nach drei bis fünf Jahren teuer wieder zu verkaufen. Und das Bundeskartellamt war nach jahrelangem Bemühen nun endlich sein Kartell los.

Doch so rosig, wie es damals schien, verlief die ganze Sache nicht. Bereits im Dezember 2004, wenige Wochen nach dem Verkauf, kam Kritik von prominenter Stelle. Die ehemalige NRW-Verbraucherministerin und nunmehrige Bundestagsabgeordnete Bärbel Höhn schoss sich auf die hohen Rücklagen des Unternehmens ein. Diese lagen bei rund 840 Millionen Euro. Höhn merkte an, ein Non-Profit-Unternehmen dürfe Rücklagen in dieser Höhe „eigentlich gar nicht besitzen“.

Anzeige wegen Verkauf an KKR

Es war im Juni 2007, als bekannt wurde, dass die Staatsanwaltschaft Köln aufgrund einer anonymen Anzeige gegen sechs Manager, die am Verkauf des DSD beteiligt waren, ermittelte. Die Vorwürfe waren gemeinschaftliche Untreue in einem besonders schweren Fall beziehungsweise die Beihilfe dazu. Der oder die Verfasser der Anzeige schrieben: „Die Aktionärsvertreter haben den Verkauf nur genehmigt, weil sie von den Gremien grob wahrheitswidrig über den eigentlichen Wert der DSD AG informiert wurden.“ Der Vorwurf lautete also, das DSD sei deutlich mehr wert gewesen, als die 260 Millionen Euro, um die es verkauft wurde – und das sei auch einigen Wenigen bekannt gewesen.

Ein falsches Gutachten?

Tatsache ist: Die Verkaufssumme von 260 Millionen Euro ist genau jener Betrag, der vom DSD-Wirtschaftsprüfer PricewaterhouseCoopers (PwC) empfohlen wurde. Umso überraschender waren die Ertragswerte von DSD, die keine zwei Jahre nach dem Verkauf veröffentlicht wurden. Das Gutachten schätzte den Gewinn für das Jahr 2005 auf unter 50 Millionen Euro. Tatsächlich lag das Unternehmen mit rund 150 Millionen Euro im Plus – das Dreifache.

Auch die Rücklagen des Unternehmens sanken nach der Übernahme durch KKR rapide. Und das nunmehr profitorientierte Unternehmen bilanzierte das Geld als Gewinn, was der Firmenkasse zugute kam. Diese Rücklagen seien zuvor für den Fall einer Firmenpleite gebildet worden, argumentierte der DSD-Vorstand. Ehemalige Manager des Unternehmens berichteten allerdings, die hohen Rücklagen, wurden gebildet, damit das Geld in der Bilanz nicht als Gewinn zählte und den Anteilseignern somit nicht wieder ausgeschüttet werden musste. Ein seltsames Vorgehen für ein Non-Profit-Unternehmen.

Auf Grundlage der Ertragswerte von 2005 war DSD plötzlich 1,4 bis 1,6 Milliarden Euro wert. Zur Erinnerung: Keine zwei Jahre davor wurde es für 260 Millionen Euro verkauft. Das bringt uns wieder zurück zum Gutachten von PwC. Es kam der Verdacht auf, dass dieses Gutachten eine Gefälligkeit gewesen war. Der Wirtschaftsprüfer und Ersteller des Gutachtens war auch nach dem Verkauf für DSD aktiv. Und das, obwohl KKR üblicherweise mit Deloitte zusammenarbeitete. Für PwC hat sich das Gutachten also nicht als Nachteil erwiesen.

Haben Insider am Verkauf verdient?

Eine weitere Ungereimtheit: Laut der Datenbank von Creditreform war der ehemalige DSD-Finanzvorstand Diether Buchmann zeitweilig sowohl beim DSD als auch beim Käufer KKR beteiligt gewesen. Auch der damalige Aufsichtsratschef Erich Greipl wurde bezichtigt, er könnte durch den Verkauf profitiert haben. Dieser erklärte klar: „Diese Hinweise sind falsch.

Verfahren eingestellt

Die Staatsanwaltschaft Köln dürfte zu demselben Schluss gekommen sein. Denn im August 2007 stellte sie die Ermittlungen gegen die DSD-Manager ein. Und das, trotz fragwürdiger Verstrickungen von Einzelpersonen, Anteilseignern, die sich betrogen fühlten, einem Gutachten, dessen Prognosen falscher kaum sein konnten, unerwartet hohen Gewinnen und einer dubiosen Wertsteigerung des Unternehmens binnen einiger Monate um rund 600 Prozent. Wie dem auch sei: Rechtlich war das alles irrelevant. Was blieb, war die schiefe Optik.

 

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Quellen:

http://www.welt.de/wams_print/article1027815/Staatsanwaelte-nehmen-den-Gruenen-Punkt-ins-Visier.html

http://www.tagesspiegel.de/staatsanwalt-ermittelt-beim-gruenen-punkt/867506.html

http://www.rundschau-online.de/home/anzeige-gegen-koelner-manager,15184882,15664386.html

http://www.recyclingmagazin.de/rm/news_detail.asp?ID=7777&MODE=2

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-38546656.html

http://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-konsumgueter/gruener-punkt-betreiber-duales-system-entsorgt-und-verramscht/2739458.html

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