Kommentar: Duales System Deutschland – Und ewig grüßt das Murmeltier
In zehn Folgen hat Benjamin Kloiber hier auf dem Wertstoffblog die Geschichte des Dualen Systems in Deutschland aufgearbeitet. Um es einmal salopp zu formulieren: Mehr als 25 Jahre DSD – das ist weit von einer glatten Erfolgsgeschichte, es ist eher eine Geschichte der wiederkehrenden Krisen. Vor allem der Blick auf die finanziellen Entwicklungen zeigt, dass ordentlich viel Geld in das Duale System hineingesteckt wurde. Wer aber letztlich davon wirklich profitiert hat, das ist nur in wenigen Fällen genau auszumachen. Der Verbraucher dürfte wohl auf der Verliererseite stehen.
Szenenwechsel: Wenn ich die beiden Begriffe „Duales System Deutschland“ und „Krise“ bei der Google-Suche eingebe, erlebe ich eine Überraschung. Dann existiert das Duale System Deutschland nur als System der Berufsausbildung, das offenbar in der Krise steckt. Von Grünem Punkt und Co. ist wenig zu finden. Zur Erinnerung – Google reiht diejenigen Ergebnisse oben ein, die am meisten Relevanz (bei Publikum) haben. Damit spiegelt uns der Suchmaschinenmonopolist Google eindeutig wider, wie es um die gesellschaftliche Relevanz des Dualen Systems Deutschland im Abfallbereich bestellt ist. Nämlich ziemlich schlecht.
Bundesrat als neues „Hinterzimmer“ der Wertstoffpolitik
Somit wird klar, warum der derzeitige Kampf um das neue Wertstoffgesetz in der Öffentlichkeit kaum einen Widerhall findet. Es sind zwar nicht mehr die sprichwörtlichen Hinterzimmer, in denen die Kompromisse ausverhandelt werden, aber letztlich gibt es trotz Bundesratsinitiative der grünen Umweltminister keine nennenswerte interessierte Öffentlichkeit zu diesem Thema, zumindest kann es Google nicht erkennen. Derzeit wird ein Lobbywettbewerb zwischen Kommunen und der Müllbranche ausgetragen. So sieht es zumindest die „Wirtschaftswoche“. Nur Wenige interessieren sich für den Kampf um Produkthaftung, Zentrale Stelle, Quotenregelungen und die Macht oder Ohnmacht der Kommunen beim Thema Wertstoffgesetz.
Milliardenmarkt abseits des öffentlichen Interesses
36,80 Milliarden Euro wurden 2013 laut KPMG schätzungsweise durch deutsche Unternehmen in der Abfallbranche an Umsatz generiert. Über 41 Milliarden sollen es dieses Jahr sein. Knapp 40 Prozent des Umsatzes entfallen dabei auf die Recyclingbranche. Große Entsorgungsunternehmen wie REMONDIS oder ALBA haben ihre Geschäftsmodelle überdacht und sind jetzt wichtige Rohstofflieferanten. Für seine Kreislaufstrategie „REMONDIS.Rohstoffwende“ wurde Deutschlands größtes Entsorgungsunternehmen wiederholt mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet. Die Zukunft liegt also für die Branchenführer offenbar woanders, als ein Teil der Politik und manche Interessengruppen es gerne hätten.
Wann kommt der nächste (finanzielle) Kollaps?
Spricht man mit ausgeschaltetem Mikrofon und ohne Notizblock mit Brancheninsidern, so wird man den Verdacht nicht los, dass einige geradezu auf den nächsten Kollaps des Dualen Systems Deutschland warten. Das Wort „unfinanzierbar“ fällt dann gerne in diesem Zusammenhang. Offiziell ist dazu aber keinerlei Stellungnahme zu erhalten.
Nun kann man die Zukunft nicht einfach durch Interpolation der Vergangenheit vorhersagen. Liest man aber die Geschichte des DSD auf diesem Blog, dann wird schnell klar, dass es offenbar systembedingt immer wieder zu beinahe Zusammenbrüchen des System kam. Zum letzten Mal war das 2014 der Fall, in der jüngsten Vergangenheit musste der finanzielle Kollaps wieder einmal abgewendet werden. Die Finanzierungslücke betrug laut der Tageszeitung „Die Welt“ 52,9 Millionen Euro.
Duales System – letztlich muss einer bezahlen
Mit Geld kann viel gemacht werden, und so wurde das DSD in 25 Jahren mehrmals gerettet. Aber im Endeffekt muss dafür jemand bezahlen und in letzter Konsequenz landen die Kosten wohl einfach beim Verbraucher. Solange es aber kaum ein öffentliches Interesse gibt, solange wird sich die Geschichte offenbar wohl wiederholen. Und ewig grüßt das Murmeltier.
Alle Artikel zum Thema Grüner Punkte – Duales System im Überblick:
DSD HISTORIE X: DIE KRITIK AM SYSTEM WIRD LAUTER – ALLE WOLLEN AN DEN RECYCLINGROHSTOFFEN VERDIENEN
DSD HISTORIE IX: FEST IN HÄNDEN DER FINANZINVESTOREN
DUALES SYSTEM DEUTSCHLAND – HISTORIE VIII: FINANZINVESTOREN DER ENTSORGUNGSBRANCHE
DUALES SYSTEM DEUTSCHLAND – HISTORIE VII: DAS NACHSPIEL DER JUSTIZ
HISTORIE VI – DUALES SYSTEM: MITBEWERBER HOLEN AUF – LANDBELL ERHÄLT ZULASSUNG
HISTORIE V: DUALES SYSTEM – GRÜNER PUNKT ZUM SCHADEN DER VERBRAUCHER VERRAMSCHT?
HISTORIE IV: DUALES SYSTEM DEUTSCHLAND – FINANZINVESTOR KKR KOMMT AN BORD
HISTORIE III: DSD / GRÜNER PUNKT – DIE KARTELLSTRAFE
HISTORIE II: DUALES SYSTEM DEUTSCHLAND – DIE EU-KOMMISSION UND DAS MONOPOL
HISTORIE I: DUALES SYSTEM DEUTSCHLAND – DIE NEUNZIGER-JAHRE IM MONOPOL
Quellen:
http://news.kpmg.de/einmal-abfall-und-zurueck/
http://www.welt.de/wirtschaft/article130689458/Das-System-gelbe-Tonne-steht-vor-dem-Kollaps.html
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