DSD Historie IX: Fest in Händen der Finanzinvestoren

Gepostet von am 29. Jan 2016

DSD Historie IX:  Fest in Händen der Finanzinvestoren

Zu Ende des Jahres 2010 war es soweit. Das Duale System Deutschland (DSD) wurde verkauft. Schon wieder. Und das an einen Finanzinvestor. Schon wieder. Die britische Private-Equity-Gesellschaft Solidus Partners schickte sich an, DSD für die Zukunft zu wappnen. Aber das war auch schon das genannte Ziel des Investors Kohlberg Kravis Roberts & Co (KKR), der DSD 2004 übernahm.

KKR hatte DSD um 260 Millionen Euro übernommen, um es nach drei bis fünf Jahren als umstrukturiertes, gestärktes und ertragreiches Unternehmen an die Börse zu bringen. Das Ziel war ein ehrenwertes – aber die Herausforderungen groß. Aus einem bis dato Non-Profit-Unternehmen musste ein profitorientiertes werden. Denn kurz zuvor war das Kartell zerschlagen worden und in den Startlöchern scharrten schon die ersten Konkurrenten, um DSD in der Abfallwirtschaft Konkurrenz zu machen.

Ein scheinbarer Höhenflug

Zwischenzeitlich sah es gut aus. Im Jahr 2006, ziemlich genau zwei Jahre nach dem Verkauf, verzeichnete das Duale System Deutschland bereits einen Gewinn von knapp 150 Millionen Euro. „Das Investment hat sich bereits gelohnt. Eigentlich könnte KKR jetzt schon verkaufen“, hieß es damals aus dem Mund eines Branchenkenners. DSD selbst sah die Sache weniger euphorisch. Der vorgestellte Gewinn sei nur ein Zwischenbericht und sage nichts über den Zustand des Unternehmens aus. Und tatsächlich ging aus dem Zwischenbericht hervor, dass der Marktanteil von DSD am Schwinden war. Logisch: Denn nun gab des Konkurrenz auf dem Markt. Auch der Umsatz war beträchtlich gesunken. Das konnte DSD nur kompensieren, indem es Kosten bei der Entsorgung einsparte.

Der Verkauf verzögert sich

Der Plan von KKR war es, das Duale System Deutschland möglichst bald zu verkaufen. Das wahrscheinlichste Szenario war nach wie vor der Gang an die Börse. Allerdings wollte man noch die Novelle der Verpackungsverordnung abwarten. Die DSD-Manager erhofften sich, dass die Politik gegen Trittbrettfahrer und Selbstentsorger auftritt. Trittbrettfahrer sind Unternehmen, die keine oder zu wenig Lizenzgebühren bezahlen, deren Abfälle aber trotzdem in der gelben Tonne landen. Selbstentsorger sind Unternehmen, die die Abfallentsorgung ihrer Verpackungen selbst managen. „Dann ist die Braut prächtig geschmückt und kann verheiratet werden“, meinte ein Insider.

Bis DSD aber schließlich seinen Besitzer wechselte, sollten noch weitere vier Jahre vergehen. Seither hatte sich viel verändert. Ein Börsengang war plötzlich keine Option mehr. Und während im Jahr 2004 noch 95 Pozent aller Verpackungen beim DSD lizenziert waren und dem Unternehmen Geld brachten, war der Marktanteil bis zum Jahr 2010 auf unter 60 Prozent gesunken.

Die große Frage war: Wer kauft das Duales System Deutschland? Die erste Möglichkeit für DSD war, wieder an einen Investor zu verkaufen. Die zweite Option bestand darin, an einen Konkurrenten zu veräußern. SITA Deutschland wurde ein großes Interesse nachgesagt, DSD übernehmen zu wollen. Das Problem an der zweiten Option war, dass Probleme mit dem Bundeskartellamt zu befürchten waren.

Der nächste Investor schnappt zu

Im November 2010 war schließlich klar: DSD geht zum größten Teil an die britische Private-Equity-Gesellschaft Solidus Partners. Die genaue Verkaufssumme wurde nicht genannt, in den Medien war aber noch von einem niedrigen dreistelligen Millionenbetrag die Rede, was ungefähr den 260 Millionen entsprechen könnte, um die KKR das Unternehmen einst gekauft hatte. KKR bewertete das Investment als Erfolg. Auch für die Manager von DSD hat sich die ganze Sache gelohnt. Denn die Geschäftsführung wurde durch den Verkauf Minderheitenbeteiligte am Unternehmen.

DSD-Manager sind Anteilseigner

Erst Wochen nach dem Verkauf wurde öffentlich bekannt, wie die neue Eigentümerstruktur um DSD genau aufgebaut ist. Solidus Partners, eine Investorengruppe mit fünf Investoren, sicherte sich 55 Prozent. H.I.G. Capital, ein weiterer britischer Investor strich 30 Prozent ein. Und das Management des Dualen Systems Deutschlands durfte sich über einen Anteil von insgesamt 20 Prozent freuen.

In Anbetracht des hohen Anteils, den die Manager bei diesem Deal erhalten hatten, verwundert es nicht, dass sie schon Monate nach der Übernahme durch KKR einen baldigen Weiterverkauf forciert hatten. Dass das Management am Verkauf beteiligt wurde, kam aber keineswegs überraschend. Bei Transaktionen mit Private-Equity-Gesellschaften ist es üblich, dass sich Manager am Verkauf beteiligen. Und schließlich waren beide Hauptakteure des Verkaufs – KKR und Solidus Partners – Private-Equity-Gesellschaften.

Expansion in Europa

Wie nach dem ersten Verkauf, waren auch die Ziele nach dem zweiten Verkauf ambitioniert. Obwohl der Umsatz von DSD in den 2000er-Jahren kontinuierlich gesunken ist, lautete das Credo nach der Übernahme: Wachstum. Aber wie sollte das gehen? Dass DSD überhaupt noch knapp 60 Prozent Marktanteile hielt, war nur der Tatsache zu verdanken, dass der erste bundesweite Konkurrent erst vier Jahre zuvor zugelassen wurde. Wachstumschancen boten sich vor allem international – in Europa.

Ergänzungen vom 03.02.2016

  • Solidus ist kein Gesellschafter mehr von DSD seit Sommer/Herbst 2014.
  • Dem DSD-Management bzw. dem ehemaligen CEO Stefan Schreiter gehören 20 Prozent der Anteile und den beiden Finanzinvestoren HIG und Bluebay jeweils 40 Prozent.

Vielen Dank an Herrn Lang für diesen Hinweis.

 

 

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Quellen:

http://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-konsumgueter/duales-system-deutschland-finanzinvestor-kkr-verkauft-gruenen-punkt/3634264.html

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/recycling-hohe-gewinne-mit-dem-gruenen-punkt-1384383.html

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-38201310.html

http://www.finance-magazin.de/strategie-effizienz/ma/hig-capital-uebernimmt-30-prozent-vom-gruenen-punkt-1106842/

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