Historie IV: Duales System Deutschland – Finanzinvestor KKR kommt an Bord

Gepostet von am 5. Nov 2015

Historie IV: Duales System Deutschland – Finanzinvestor KKR kommt an Bord

„260 Millionen Euro für den Besitzerwechsel.“

DSD: Über ein Jahrzehnt der einzige Stern am Himmel

In den 1990er-Jahren war das Unternehmen Duales System Deutschland (DSD) ein Monopol. 95 Unternehmen aus Industrie und Gewerbe taten sich zusammen, um diese Gesellschaft für Abfallvermeidung und Sekundärrohstoffgewinnung zu gründen. Grund dafür war die 1991 beschlossene Verpackungsverordnung, die vorsah, die Hersteller für die Entsorgung ihrer Produkte zur Verantwortung zu ziehen. Die Unternehmen mussten gebrauchte Verpackungen entweder zurücknehmen oder deren Abholung und Entsorgung organisieren. Bereits Ende des Jahres 1991 waren 400 Unternehmen bei DSD beteiligt, welche die Erfassung, den Transport, die Sortierung und die Verwertung des Verpackungsabfalls managte.

Kritik an DSD

Dieses Monopol war lange Zeit vom Bundeskartellamt geduldet. Gleichzeitig stand es von Beginn an unter Kritik. Einige Kommunen zweifelten an der Effizienz des Entsorgungssystems. Die Verbraucher müssten höhere Produktpreise sowie höhere Müllgebühren tragen, so ein Vorwurf. Und als die Firma Landbell in Hessen eine Konkurrenz zum Monopol schaffen wollte, legte sich die mächtige DSD quer.

EU gegen DSD

Es war damals EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti, welcher das Lizenzsiegel Grüner Punkt als ein Werkzeug sah, um potenzielle Mitbewerber vom Markteintritt abzuhalten. Am 20. April 2001 stellte die Europäische Kommission schließlich fest, dass DSD seine monopolistische Stellung auf dem Markt missbrauchte und den Wettbewerb einschränkte. Die grundsätzliche Funktionsweise des DSD stand aber zunächst noch nicht infrage.

Bundeskartellamt gegen DSD

Das änderte sich nur ein Jahr später, als das Bundeskartellamt beschloss, die Duldung des DSD zu überprüfen. Einerseits wurden das DSD und andere Unternehmen zu Strafzahlungen von insgesamt 4,4 Millionen Euro verurteilt. Außerdem forderte das Bundeskartellamt, die Auflösung des Kartells – DSD sollte sich dem Kapitalmarkt öffnen. Andernfalls würde eine Untersagungsverfügung drohen.

Das Kartell fällt – und alle sind glücklich

Und tatsächlich: Im Oktober 2004 erklärte Erich Greipl, der damalige Aufsichtsratsvorsitzende des DSD: „Das Duale System wird künftig keine kartellartige Struktur mehr haben, sondern in einen freien Wettbewerb um Preis, Qualität und Zuverlässigkeit bei der Verpackungsverwertung eintreten.“ Dazu sollten die Großunternehmen aus DSD aussteigen und deren Anteile verkauft werden. Das DSD kam so einem Verbot durch das Bundeskartellamt zuvor.

Das Kalkül der Behörde war ein Einfaches. Mehr Wettbewerb führe zu sinkenden Preisen für die Verbraucher. So wurde bereits 2003 die Vergabe der Leistungsverträge für Entsorgungsunternehmen erstmals transparent ausgeschrieben. Weiters wurde prognostiziert, dass die Kosten für das Sammeln und Sortieren des Abfalls auffallend sinken würden. Auch die Wirtschaftsverbände goutierten das Vorhaben des DSD. Plötzlich schien es lauter Sieger zu geben.

Das Ziel des DSD war es, den Anteil der bisherigen Eigentümer am Unternehmen auf 25 Prozent zu senken und auf dem Kapitalmarkt Streubesitz zu schaffen. Dafür sollten diese 75 Prozent der Anteile zunächst an einen einzigen Investor verkauft werden, unter dem die Umstrukturierung vollzogen werden könne.

Duales System – neuer Besitzer, neue Struktur

Etwas mehr als einen Monat später, am 30. November 2004, wurde auch schon der Käufer vorgestellt. Vorstand und Aufsichtsrat beschlossen einstimmig, dass 75 Prozent der Unternehmensanteile um rund 260 Millionen Euro an den Finanzinvestor Kohlberg Kravis Roberts & Co (KKR) verkauft würden. Dieses Geld ging an die bisherigen Anteilseigner und war laut DSD 180-mal mehr, als diese bei der Unternehmensgründung einbezahlt hatten.

Plötzlich war das bisherige Non-Profit-Unternehmen ein profitorientiertes Unternehmen geworden. Genannte Ziele von KKR waren, DSD umzustrukturieren, auf einen Wettbewerb mit Konkurrenten einzustellen, langfristig profitabel zu machen, neue Märkte zu erschließen und das Unternehmen in den folgenden drei bis fünf Jahren an die Börse zu bringen.

 

Weitere Artikel zum Dualen System Deutschland:

Historie I: Duales System Deutschland – Die Neunziger-Jahre im Monopol

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Historie IV: Duales System Deutschland – Finanzinvestor KKR kommt an Bord

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Duales System, Grüner Punkt … watt is dat denn für ‘ne Wirtschaft hier?

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Duales System Deutschland: Clearingverträge – Die Krise 2014

 

Quellen:

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/entsorger-der-gruene-punkt-oeffnet-sich-dem-wettbewerb-1191242.html

http://www.zeit.de/2004/52/Interv__Gorenflos/komplettansicht

http://www.manager-magazin.de/unternehmen/artikel/a-330371.html

http://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-konsumgueter/uebernahme-durch-kkr-duales-system-kuenftig-profitorientiert/2444424.html

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