Warum Kompost kein Problem fürs Grundwasser ist
In den vergangenen Tagen ging es durch die Medien: Das deutsche Grundwasser ist in einigen Regionen zu stark mit Nitrat belastet. Im Sinne des Gewässerschutzes ist es daher richtig und wichtig, die Nitratbelastung zu reduzieren. Richtig ist auch, hierfür das Düngerecht und seinen Vollzug als Instrument heranzuziehen. Falsch ist jedoch, in diesem Zusammenhang alle organischen Düngemittel über einen Kamm zu scheren und damit die ausreichende Versorgung von landwirtschaftlich genutzten Böden mit Humus zu gefährden.
Schärfere Regeln für Kompostdüngung geplant
Geht es nach den Plänen von Bundesumwelt- und Bundeslandwirtschaftsministerium, sollen Komposte künftig ebenso einer Aufbringungsobergrenze unterliegen wie Gülle und Jauche. Rechtliche Grundlage hierfür ist die zu novellierende Düngeverordnung (DüV). Sie ist Teil des deutschen Aktionsprogramms zur Umsetzung der europäischen Nitratrichtlinie. Alle vier Jahre wird sie auf ihre Wirksamkeit hin überprüft und erforderlichenfalls angepasst beziehungsweise weiterentwickelt.
Besonders einschneidend für die Komposte ist, dass die jährliche Obergrenze für Gesamtstickstoff, die maximal auf die landwirtschaftliche Fläche aufgebracht werden darf, zukünftig auf alle organischen und organisch-mineralischen Düngemittel, darunter Kompost, ausgeweitet werden soll. Bisher, und so ist auch die EU-Vorgabe, galt sie nur für tierische Ausscheidungen wie Gülle und Jauche. Der Gedanke dahinter ist, dass mit der ausgeweiteten Obergrenze für Gesamtstickstoff insbesondere auch die pflanzlichen Gärrückstände aus Biogasanlagen erfasst werden, die vergleichbare Eigenschaften wie Gülle oder Güllefeststoffe aufweisen. Komposte dagegen weisen gänzlich andere Eigenschaften auf und setzen Nährstoffe nur sehr langsam um. Dennoch werden sie von dieser neuen, ausgeweiteten Systematik erfasst.
Falsche Annahme ergo falsche Regulation
Der ausgeweiteten Obergrenze liegt die fachlich falsche Annahme zugrunde, dass ausnahmslos alle stickstoffhaltigen organischen Düngemittel gleichermaßen für Auswaschungen von Nitrat ins Grundwasser, also für eine erhöhte Grundwasserbelastung durch Nitrat, verantwortlich sind. Die lineare Schlussfolgerung, „je mehr Aufbringung, desto mehr Auswaschung“, ist jedoch nicht per se zutreffend. Insbesondere nicht für Stickstoff, der fest gebunden ist. Genau das trifft auf Komposte zu: Sie gehören zu den Humusdüngern, bei denen der Stickstoff in gebundener Form vorliegt und jährlich nur im einstellig prozentualen Bereich der Pflanze zur Verfügung gestellt wird. Der Rest verbleibt gebunden im Boden.
Ironischerweise ist das dem Verordnungsgeber bewusst: Aus Anlage 3 der DüV, die die Mindestwerte für die Ausnutzung des Stickstoffs aus verschiedenen Düngemitteln im Aufbringungsjahr aufzeigt, geht hervor, dass Komposte drei bis fünf Prozent ihres Stickstoffs freisetzen. Verglichen dazu sind es bei Gärrückständen aus Biogasanlagen und bei der Gülle 50 bis 60 Prozent, bei Jauche sogar 90 Prozent! Es macht also einen deutlichen Unterschied, woher der Stickstoff kommt, der zur Düngung eingesetzt wird und einer Aufbringungsgrenze bedarf. Eine pauschale Obergrenze für Gesamtstickstoff benachteiligt die Düngemittel, die zwar Stickstoffmengen enthalten, die jedoch nur begrenzt freigesetzt werden und für die Düngung zur Verfügung stehen.
Als Folge dieser Pauschalisierung wird die flächenbezogene Obergrenze für Stickstoff schneller erreicht. Dass der im Kompost vorhandene Stickstoff nur minimal freigesetzt wird, ist in den Augen des Verordnungsgebers trotz besseren Wissens völlig unerheblich. Zu befürchten ist, dass auf Kompost zugunsten anderer Dünger verzichtet wird, um die Obergrenze nicht zu überschreiten. Es kommt zu einer paradoxen Situation: Auf Kompostdüngung wird also schlimmstenfalls verzichtet, obgleich besagte Stickstoffmenge der Zielsetzung der Obergrenze – dem verstärkten Gewässerschutz – nicht entgegensteht.
Fazit: Komposte aus fachlicher Perspektive beurteilen
Es zeigt sich, dass es im aktuellen Stadium der Düngeverordnung an Differenzierung mangelt. Denn: Ein Großteil des gesamten Stickstoffs im Kompost ist nicht pflanzenverfügbar. Er geht dadurch weder in Lösung, noch wäscht er sich unkontrolliert und grundwassergefährdend aus. Das unterscheidet ihn in diesem Kontext wesentlich von Gülle und Jauche. Folglich sollte mit Bezug auf den Kompost nicht der Gesamtstickstoff angerechnet werden, sondern lediglich der Stickstoff, der pflanzenverfügbar ist. Dazu sind Anpassungen in § 6 Absatz 4 Satz 2 (Zusätzliche Vorgaben für die Anwendung von bestimmten Düngemitteln) sowie in Anlage 5, Fußnote 2 (jährlicher betrieblicher Nährstoffvergleich) der DüV erforderlich. Soviel Zeit für fachliche Argumente muss sein. Denn die Rede ist von jährlich 4,5 Millionen Tonnen Kompost, der zur Düngung eingesetzt wird.
Der momentane Zeitplan sieht vor, die Düngeverordnung bis Ende März zu beschließen.
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