Machbarkeitsstudie: Wie lässt sich ein Recyclinglabel praktisch umsetzen? (Teil 2)

Gepostet von am 2. Mai 2017

Machbarkeitsstudie: Wie lässt sich ein Recyclinglabel praktisch umsetzen? (Teil 2)

Im ersten Teil unserer kleinen Reihe zum Recyclinglabel hier auf dem Wertstoffblog haben wir euch mit dem Label bekannt gemacht und euch informiert, wie es überhaupt in die politische Diskussion kam. Außerdem konntet ihr darin lesen, was die Parteien CDU, SPD, Bündnis 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKEN zu einem Recyclinglabel sagen. Im vorliegenden Teil geht es um die Möglichkeiten der praktischen Umsetzung einer Produktkennzeichnung, die uns Verbraucher über die Recycelbarkeit eines Produkts informieren soll.

Umweltbundesamt gibt Studie zur Umsetzung eines Recyclinglabels in Auftrag

Das Umweltbundesamt hat Experten des ifeu-Instituts für Energie- und Umweltforschung gebeten, zu untersuchen, wie sich eine verpflichtende Ressourcenverbrauchskennzeichnung praktisch umsetzen ließe. Immerhin gelte eine Produktkennzeichnung im Konsumbereich als wirksames Instrument, um „Verbraucher für besonders ressourcenschonende Produkte und Dienstleistungen zu sensibilisieren und sie damit in die Lage zu versetzen, die Informationen in ihre Kaufentscheidung einzubeziehen“. Die Forscher haben ihre Untersuchungsergebnisse 2016 in Form eines Endberichts vorgelegt: Mit der „Konzeption für eine Ressourcenverbrauchspflichtkennzeichnung für Produkte. Endbericht“ zeigen sie vier Wege zur praktischen Umsetzung eines Recyclinglabels auf – von denen sie (Achtung: Spoiler!) allerdings (noch) keinen uneingeschränkt empfehlen. Das begründen die Wissenschaftler so: „Aufgrund des zum Teil erheblichen Aufwands, der schlechten Datenlage und des Fehlens von etablierten Charakterisierungsmodellen für die Inanspruchnahme von Inputressourcen ist keiner in dieser Studie vorgestellten Vorschläge derzeit eindeutig zur Ressourcenverbrauchskennzeichnung geeignet.“ Ihr könnt euch die gut 130 Seiten starke Studie hier als PDF runterladen.

Hintergrund der Studie

Der Auftrag zur Studie erging an das ifeu-Institut aus den Aktivitäten der Bundesregierung im Rahmen des Ressourceneffizienzprogramms „ProgRess II“ heraus, das Anfang des Jahres 2016 als Erweiterung von „ProGRess“, dem deutschen Ressourceneffizienzprogramm (verabschiedet 2012) und „ProgREss I“, insbesondere ein Gütesiegel für Ressourceneffizienz auf den Plan hob. Die Idee dahinter: Auf sämtlichen Waren und Gütern soll ihr spezifischer Ressourcenverbrauch deklariert werden, darunter Informationen wie Mindesthaltbarkeit, Herkunft der Ressourcen und Recyclingfähigkeit.

Erwartungen an ein Recyclinglabel

Grundlegend in der Kommunikation der Themen Umwelt- beziehungsweise Ressourcenschutz mit Verbrauchern seien laut der Studie Glaubwürdigkeit und Nachvollziehbarkeit. Denn aufgeklärte Verbraucher würden heute die Informationen hinterfragen, die eine Produktkennzeichnung liefere. Klar sei, dass schwer nachvollziehbare oder irreführende Kennzeichnungen ein solches Recyclinglabel unwiederbringlich diskreditieren würden. Ein Recyclinglabel sei dann erfolgreich, wenn Verbraucher es verstünden und der vermittelten Aussage glaubten. Allerdings setze dies eine sogenannte Bezahlwilligkeit (auf Englisch: willingness to pay) für ökologisch vorteilhafte Produkte voraus.

Von dem Recyclinglabel versprechen sich die Forscher, dass eine Produktkennzeichnung für besonders ressourcenschonende Produkte und Dienstleistungen dazu diene, das Thema verstärkt in das Bewusstsein der Verbraucher zu bringen und infolge dessen die Nachfrage nach solchen Produkten und damit deren Marktdurchdringung zu erhöhen.

Daher stellten die Wissenschaftler folgende wichtige Fragen für eine Produktkennzeichnung:

  • Was ist gemeint, wenn von Ressourcenschutz die Rede ist? Welche Ressourcen sollen (mindestens) geschützt werden und warum?
  • Wo steht die Politik und welche rechtlichen Grundlagen gibt es? Wo sind unterstützende Ansätze zu entwickeln, um eine richtungssichere Kennzeichnung zu erreichen?
  • Welche Daten werden benötigt und wie können diese beschafft werden?

Vier Indikatoren zur Kennzeichnung eines Ressourcenverbrauchs

Den ifeu-Experten zufolge seien es die vier sogenannten Input-Ressourcen

  • Fläche in Quadratmeter (m2),
  • Wasser in Kubikmeter (m3),
  • Primärrohstoffe in Kilogramm (kg) und
  • Energieressourcen in Kilojoule (kJ),

die sich als mögliche Indikatoren zur Kennzeichnung des Ressourcenverbrauchs von Produkten eigneten. Luft sei als unendlich verfügbar angesehen und entsprechend außer Betracht gelassen worden. Die Schutzbedürftigkeit dieser Inputressourcen erschließe sich der Studie zufolge vor allem über die Generationengerechtigkeit, also über die Besorgnis, dass diese Ressourcen „verbraucht“ würden und heutigen oder künftigen Generationen nicht mehr zur Verfügung stünden, wenn wir global weiter wirtschafteten wie bisher.

Vier Ideen zur praktischen Umsetzung eines Recyclinglabels im Vergleich

Ihre vier Ideen für ein Recyclinglabel und die entsprechende Umsetzbarkeit haben die ifeu-Wissenschaftler in ihrer Studie anhand der Fallbeispiele Notebook und Waschmaschine erprobt und verglichen.

1. Recyclinglabel als Ressourcenkompass

Dank eines sogenannten Ressourcenkompasses ließe sich der Verbrauch der vier erwähnten Input-Ressourcen in ansprechender Form auf dem Produkt darstellen. Da diese Darstellungsweise jedoch sehr komplex sei und das Risiko berge, nicht korrekt erfasst zu werden, sei der Vergleich mit einem Referenzprodukt erforderlich, der die Komplexität der Kennzeichnung seinerseits wiederum erhöhe.

2. Recyclinglabel als Tortendiagramm: Anzeige des Anteils an Recyclingmaterial

Ein Tortendiagramm könne den Anteil an Recyclingmaterial eines Produkts ausweisen, indem es anschaulich den prozentualen Sekundärrohstoffanteil an der Produktmasse beziehungsweise die eingesparte Menge an Primärressourcen darstellen würde. Nach Einschätzung der ifeu-Wissenschaftler würden Verbraucher die Ressourceneffizienz eines Produkts eher wahrnehmen, desto höher der Recycling-Anteil sei.

3. Recyclinglabel als Tortendiagramm: Anzeige des Anteils zertifizierter Rohstoffe

Ein Tortendiagramm  könnte Verbrauchern auch den Anteil zertifizierter Rohstoffe in Produkten zeigen. Vorausgesetzt, es gebe geeignete Zertifikate, die den schonenden Umgang mit Ressourcen bewerten, sagen die ifeu-Wissenschaftler.

4. Recyclinglabel als Teil des EU-Energieausweises: Anzeige der Herstellungsenergie

Die vierte Möglichkeit der praktischen Umsetzung eines Recyclinglabels sei, die Herstellungsenergie in bestehende Energiekennzeichen zu integrieren, insbesondere bei Produkten, bei denen der Energieaufwand der Herstellung (. . .) gegenüber der Nutzenphase dominiere.

Fazit und Empfehlungen der Studienautoren

Mit ihrer Studie stellen die ifeu-Experten fest, dass insbesondere die Umsetzungsmöglichkeiten 1, 2 und 3 für das Recyclinglabel einen hohen Aufwand an Datenbeschaffung bedeuten: Je komplexer ein Produkt sei beziehungsweise aus je mehr unterschiedlichen Materialien es bestünde, desto höher wäre der Aufwand. Doch auch wenn die praktische Umsetzung des Recyclinglabels gemäß Idee Nummer 4 weniger kompliziert sei, sei dies die Idee, die „am wenigsten repräsentative“ Variante für die Inanspruchnahme von Inputressourcen.

Die Studienautoren ziehen daher das Fazit, dass „keiner der in dieser Studie vorgestellten Vorschläge . . . eindeutig zur Ressourcenverbrauchskennzeichnung geeignet“ sei. Daher empfehlen sie kurzfristig bereits existierende Label wie den Blauen Engel und das EU-Energielabel um Ressourcenaspekte zu ergänzen. Und „mittelfristig wird empfohlen, die Vorschläge 2 und 3 weiter zu entwickeln, insbesondere in Bezug auf die Datenlage.“

Damit dies gelänge, fordern die Studienautoren zusätzlich eine strategische Fortschreibung der Ökodesign-Richtlinie. Und um die Ressourcenfaktoren in das bestehende EU-Label einbinden zu können, müsste zudem die Energieverbrauchskennzeichnungsrichtlinie angepasst werden.

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