Kreislaufwirtschaft 2018: Rückblick und Ausblick – Ein Kommentar

Gepostet von am 4. Jan 2018

Kreislaufwirtschaft 2018: Rückblick und Ausblick – Ein Kommentar

2017 war ein Jahr in dem „Veränderung“ ein vorherrschendes Thema war. Das hat sich sowohl bei der Bundestagswahl in Deutschland als auch bei der Nationalratswahl in Österreich gezeigt. In Österreich erging ein klarer Auftrag der Wähler*innen an die Parteien rechts der Mitte. Damit hat Österreich eine entsprechende Regierung. In Deutschland war das Votum mehr eine Absage an die große Koalition als ein eindeutiger Wählerauftrag. Das drückt sich gerade jetzt in der Regierungsbildung aus und es wird wohl einen für alle Seiten schwierigen Kompromiss geben oder auf Neuwahlen hinauslaufen.

Zusammenfassung:

  • Verpackungsgesetz mit Zentraler Stelle statt Wertstoffgesetz
  • Kommunal versus Privatwirtschaftlich
  • Konzentrationen in der Branche
  • Die Reichweite mancher Rohstoffe schrumpft empfindlich – mit ungeahnten Folgen
  • Digitalisierung als große Herausforderung – die Abfallwirtschaft ist auch für digitale Supermächte attraktiv

Das Wertstoffgesetz ist tot, lang lebe das Wertstoffgesetz?

Aus Sicht der Recyclingwirtschaft ist nicht nur die große Koalition abgewählt worden, sondern ein langjähriges Vorhaben, das Wertstoffgesetz, ist 2017 gescheitert. Es wurde auf die Größe eines Verpackungsgesetzes reduziert. Aus meiner Sicht ein Minimalkompromiss, aber immerhin besser als gar nichts. Wir werden sehen, wie gut sich der Kompromiss in der Praxis bewähren wird.

Kathrin Göring-Eckert von den Grünen/Bündnis 90 hat schon in ihrer Stellungnahme kurz vor der Bundestagswahl angekündigt, mit ihrer Fraktion weiter für ein Wertstoffgesetz einzutreten. Woraufhin Peter Kurth, der Präsident des BDE, postwendend zu einer Absage an einen neuen Anlauf zu einem Wertstoffgesetz ausgerückt ist.

Zentrale Stelle schafft Fakten

Mit dem Verpackungsgesetz wurde die Zentrale Stelle, ein großer Wunsch der privaten Anbieter, geschaffen. Die Zentrale Stelle war schon ein Bestandteil des nicht realisierten Wertstoffgesetzes. Damit sollen die Dualen Systeme Deutschlands in Bezug auf die Lizensierung der Abfallmengen, die das Verpackungsgesetz vorschreibt, endlich auf soliden Beinen stehen. Ende 2017 hat sich (wieder einmal) abgezeichnet, dass 50 Millionen fehlen. „Betrug beim gelben Sack“ so lautete die Headline in den Medien.

Konzentration am Abfall- und Recyclingmarkt

Seit einigen Jahren ist eine Konzentration am Abfall- und Recyclingmarkt zu sehen. Die Großen fressen die Kleinen, so in etwa lässt sich die Entwicklung, salopp gesprochen, zusammenfassen. Bisher war das noch kein Problem, doch das Interesse des Branchenriesens REMONDIS am DSD (Duales System Deutschland Holding) hat die Kartellwächter nun auf den Plan gerufen.

Kommunal- oder Privatwirtschaftlich?

Der BDE spricht vom Trend zur Verstaatlichung von Dienstleistungen und im Zusammenhang von Paradise Cities in Abspielung auf die Paradise Papers. Es geht dabei (auch) um die unterschiedliche Besteuerung von privaten und kommunalen Unternehmen für dieselben Dienstleistungen. Diesmal aber zum Nachteil der privaten Anbieter. Der BDE als Branchenvertreter hat dazu 2017 mehrere Male Stellung bezogen. Welche Lösungen in diesem Konflikt letztendlich zustande kommen werden, hängt wohl sehr stark von der Zusammensetzung der neuen Bundesregierung ab, da die Ansichten der einzelnen Bundestagsfraktionen stark divergieren.

Verdrängte Tatsachen – Die Reichweite unserer Rohstoffe

Wechseln wir auf eine Ebene, die uns alle zukünftig weit deutlicher betrifft und weit weg ist von Gebühren und Zuständigkeiten. Es geht um unsere Rohstoffversorgung. Das Thema E-Mobilität hat Ende 2017 eine Diskussion ausgelöst, die bisher in meinen Augen hervorragend verdrängt worden ist. Nämlich ob die Rohstoffe überhaupt für das gewaltige Marktpotential von 1,3 Milliarden Fahrzeugen ausreichen. Darauf gibt es bisher keine wirklich befriedigenden Antworten und gefühlt lautet diese schlicht: NEIN! Letztlich für alle eine schlechte Ausgangslage, die so manchen Befürworter von Verbrennungstechnologien hoffen lässt.

Die REMONDIS aus Lünen, einer der größten Recycler weltweit, setzt sich schon länger mit der Fragestellung der Rohstoffreichweiten auseinander und je näher die Reichweiten an ihre Endpunkte heranrücken, desto mehr werden wir die persönliche Betroffenheit, zuerst über den Preis, dann über weitere unkomfortable Faktoren spüren. Doch leider sind hier keine linearen Mechanismen am Werk, wie unsere Autorin Doreen Brumme in ihrer Serie zu den Rohstoffmärkten bereits gezeigt hat. Dieses Thema wird uns nicht nur 2018 sondern auch die folgenden Jahre noch intensiv beschäftigen.

Digitalisierung als disruptives Element in der Kreislaufwirtschaft

Ein weiteres Thema wird die Kreislaufwirtschaft erschüttern. Die Vorbeben sind noch klein und kaum spürbar, aber wie in jeder Branche wird das Hauptbeben wohl umso heftiger. „Digitalisierung können Sie nicht kaufen“, das ist ein Titel auf meinem Unternehmensblog und er zeigt, dass man nur eine Chance hat. Jedes Unternehmen muss Teil einer digitalen Lösung sein oder werden, sonst hat man ein (Überlebens-)Problem.

Es sind vermutlich nicht die kleinen Startups wie Schrott24 in Österreich oder Pendula in Deutschland, die für die große Disruption sorgen werden. Es sind die Player im Hintergrund, branchenfremde digitale Supermächte, die schon in anderen Branchen für Verwerfungen an den Märkten gesorgt haben. Diese digitalen Supermächte werden früher oder später in den attraktiven Markt, der allein in Deutschland je nach Betrachtungsweise zwischen 35 bis 70 Milliarden schwer ist, eindringen werden. Diese Riesen haben viel Erfahrung damit, vielversprechende Startups mit disruptiven Geschäftsmodellen bei ihrem digitalen Durchbruch zu unterstützen, sie zu positionieren und letztlich davon auf der ganzen Linie zu profitieren. Die Zukunft ist nicht vom Prozesswissen bei der Aufbereitung und Verarbeitung abhängig, sondern einzig und allein vom besseren Zugang zu den Kunden.

Einer der ganz großen Player im Bereich der Abfallwirtschaft, die ALBA Group hat zu diesem Thema am Firmensitz in Berlin eine InnovationLAB gegründet. „Wir wollen selbst aktiver Treiber der Digitalisierung sein, so wie wir auch mit unserer Recyclingtechnik führend in Deutschland und Europa sind“, sagt Dr. Axel Schweitzer, Vorstandsvorsitzender der ALBA Group.

An dieser Stelle ist aber die Politik gefragt, die sich bisher zumindest auf bundesweiter Ebene noch wenig mit Ruhm bekleckert hat. Noch sind es die Kommunen und Verbände, die sich wehren, wie die Beispiele Uber oder Airbnb zeigen. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit bis es ein Modell wie zum Beispiel Flixbus (= größtes privates Fernbusunternehmen in Deutschland mit genauen einem Bus in Unternehmensbestand, siehe Wikipedia) in der Abfallbranche gibt.

Das Thema Digitalisierung wird den Wertstoffblog im Speziellen und und die Kreislaufwirtschaft im Allgemeinen 2018 noch sehr beschäftigen.

 

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