Immer weniger Platz: Das deutsche Deponieproblem

Gepostet von am 6. Jun 2017

Immer weniger Platz: Das deutsche Deponieproblem

Die Deponierungskapazitäten in Deutschland werden knapper: Wie kann das überhaupt sein? Gibt es in Deutschland nicht schon seit 2005 ein Deponierungsverbot?

Das ist zwar richtig, aber dieses Deponierungsverbot gilt für unbehandelte Siedlungsabfälle, ­ also für Abfälle aus Haushalten und ähnlichen Anfallstellen. Das sind die Restabfallmengen, die für ein Recycling weitestgehend ungeeignet sind, aber dennoch vor einer endgültigen Ablagerung einer Verwertungsmaßnahme zu unterziehen sind. Was danach überbleibt und nicht mehr verwertet werden kann, wird deponiert. Deutschlandweit sind das 0,2 Prozent der Siedlungsabfälle.

Größter Abfallstrom Deutschlands, hohe Verwertungsquote

Die knapper werdenden Deponiekapazitäten treffen einen weitaus größeren Abfallstrom, sogar den größten Deutschlands: Mineralische Bauabfälle. 2014 lag ihr Aufkommen bei 202 Mio. Tonnen, wie aus dem aktuellen Monitoringbericht der Initiative Kreislaufwirtschaft Bau hervorgeht.

Statistisch erfasste Mengen mineralischer Bauabfälle 2014 (in Mio. t)

Mineralische Bauabfälle werden, wie das Diagramm zeigt, wiederum in fünf Untergruppen gegliedert, die auch noch weiter aufgeteilt werden. So fallen unter Bauschutt zum Beispiel Beton- und Ziegelabfälle, unter Boden und Steine Baggergut und Gleisschotter. Die Verwertungsquote dieses Abfallstroms ist vorbildlich: 180,8 Mio. Tonnen beziehungsweise 89,5 Prozent werden verwertet, überwiegend zu Recyclingbaustoffen.

Der größte Teil der Abfälle wird also gemäß der fünftufigen Hierarchie in Deutschland einer Verwertung zugeführt. Aber die nicht weiter verwertbaren Abfälle werden deponiert, d. h. die Verfüllung und Deponierung von Abfällen ist ein wichtiger Baustein der funktionierenden Kreislaufwirtschaft und muss es auch in der Zukunft sein.

Verschiedene Ursachen für Deponieknappheit

Mineralische Bauabfälle gelangen auf Deponien der Klasse I. Davon gibt es in Deutschland 142 laut Statistischem Bundesamt. Dass dieser Deponieraum knapper wird, hat verschiedene Ursachen: Seit dem Inkrafttreten der Technischen Anleitung Siedlungsabfall im Jahr 2005, ­ dieses Regelwerk schreibt besagtes Deponierungsverbot für unbehandelte Siedlungsabfälle vor, ­sind keine nennenswerten neuen Deponiekapazitäten geschaffen worden.

Vielmehr wurden seitdem viele Deponien geschlossen und befinden sich in der Phase notwendiger Abschlussarbeiten. Die hier genutzten Verwertungsmöglichkeiten auf Deponien werden zurückgehen, da die Profilierung (Oberflächengestaltung des Deponiekörpers), Oberflächenabdichtung und Rekultivierung (Eingliederung in die Landschaft) von stillgelegten Deponien weitgehend abgeschlossen sind oder in absehbarer Zeit beendet sein werden.

Zudem fehlt es an öffentlicher Akzeptanz für Deponien: Sie haben kein gutes Image. In Gemeinden und Landkreisen ­ – also vor Ort ­– haben Deponieplanungen daher schlechte Karten. Dabei sind für die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Deponien die entsprechenden Landesbehörden zuständig. Sie schaffen mit den Landesumweltministerien die planungsrechtlichen Voraussetzungen und stehen in Austausch mit den Kommunen.

Ein weiteres Problem ist, dass private Investoren bei Deponien Zurückhaltung üben. Das liegt zum einen an der fehlenden öffentlichen Akzeptanz. Zum anderen können auf Planfeststellungsbeschlüsse ­– notwendig für den Bau und die Erweiterung von Deponien ­– langjährige gerichtliche Verfahren folgen, deren Kosten bis in den sechsstelligen Bereich ragen. Das größte Hindernis für private Investoren ist aber die mangelnde Unterstützung durch die Länder und die zuständigen Behörden.

Zusätzlicher Deponieabfall schon in Sichtweite

Gegebenenfalls geht aber auch mit der kommenden Mantelverordnung, die branchenübergreifend gefordert wird und dringend notwendig ist, ein Wermutstropfen einher: Die Menge der zu deponierenden Bauabfälle wird nach Schätzungen des Bundesumweltministeriums um zehn bis 13 Mio. Tonnen jährlich steigen. Verbände der Bauwirtschaft sprechen hingegen von 50 bis 70 Mio. Tonnen.

Zumindest regionalen Engpässe bei der Ablagerung industrieller Abfälle aufgrund absehbarer erschöpfter regionaler Verfüllungs- und Deponiekapazitäten, hauptsächlich der Deponieklasse I, muss zeitnah begegnet werden. Die Verfüllung und Deponierung von Abfällen ist und muss auch zukünftig Bestandteil einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft sein. Diese Notwendigkeit muss offen thematisiert, anerkannt und analysiert werden. Darauf aufbauend bedarf es klarer politischer Bekenntnisse für Deponien, einer systematischen Ermittlung des regionalen Bedarfs sowie beschleunigter Planfestellungsverfahren.

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