Foodwaste (2) – Das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD): Ein Grund für Foodwaste bei Verbrauchern und Händlern

Gepostet von am 5. Dez 2017

Foodwaste (2) – Das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD): Ein Grund für Foodwaste bei Verbrauchern und Händlern

Noch immer gibt es Verbraucher, die nicht oder nicht genau wissen, was das Mindesthaltbarkeitsdatum über das damit gekennzeichnete Lebensmittel aussagt. Viele halten es für ein Verfallsdatum und entsorgen „abgelaufene“ Lebensmittel in den Müll – gleichwohl diese noch genießbar wären. In Teil 1 unserer Foodwaste-Reihe bezifferte Rewe den Anteil der noch ungeöffneten Lebensmittel an den insgesamt jährlich in Deutschland weggeworfenen 11 Millionen Tonnen Lebensmitteln auf 800.000 Tonnen. Wir sagen euch heute, was ihr zum Mindesthaltbarkeitsdatum wissen müsst, um nicht (mehr) in die Foodwaste-Falle zu tappen.

Was Verbraucher über das Mindesthaltbarkeitsdatum wissen – und was nicht

Das Mindesthaltbarkeitsdatum ist ein Kennzeichen (Aufdruck: „mindestens haltbar bis“), das nach europäischer Vorschrift auf fertig verpackten Lebensmitteln angegeben werden muss. Das MHD sagt uns, bis wann (Datum) wir das gekennzeichnete Lebensmittel auf jeden Fall

  • ohne wesentliche Geschmacks- und Qualitätseinbußen
  • sowie gesundheitliches Risiko verbrauchen können.

Vorausgesetzt, wir haben es sachgerecht aufbewahrt und uns dabei insbesondere an die im Zusammenhang mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum vom Hersteller genannte Lagertemperatur gehalten. Faustregel: Wenn ihr ein Lebensmittel kälter als vorgegeben lagert, hält es noch länger.

Damit ist das Mindesthaltbarkeitsdatum ein Gütesiegel. Gut zu wissen: Es gilt nur, solange die Verpackung des Lebensmittels noch original verschlossen ist. Sobald ihr diese einmal geöffnet habt, bekommen Luft (Sauerstoff), Feuchtigkeit und Mikroben Zugang zum Lebensmittel und können es schneller verderben lassen.

Die genauen Kennzeichnungsvorschriften zum Mindesthaltbarkeitsdatum könnt ihr hier auf der Internetseite des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit  nachlesen.

Damit ist klar:

Das Mindesthaltbarkeitsdatum ist kein Verfallsdatum beziehungsweise Verbrauchsdatum (Aufdruck: „zu verbrauchen bis“), wie es auf frischen Produkten wie Fisch, Hackfleisch, verpacktem frischen Fleisch oder Rohmilch angegeben wird, um deren maximale Haltbarkeit zu kennzeichnen. Ein Lebensmittel lässt sich also auch nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums noch verzehren.

Dabei müssen wir Verbraucher allerdings damit rechnen, dass das „abgelaufene“ Lebensmittel unseren Erwartungen nicht mehr ganz gerecht wird. So könnten durchaus

  • Veränderungen des Aromas
  • und Veränderungen der Konsistenz

auftreten.

Die Hersteller legen das Mindesthaltbarkeitsdatum nach eigenem Ermessen fest. Mit der Mindesthaltbarkeitsfrist würden sie sich gegen Regressansprüche absichern, falls ein Produkt irgendwann nicht mehr ganz so schön aussehe oder der Quark an der Oberfläche Wasser ansetze, schreibt der Tagesspiegel in einem Bericht zum Vorstoß des damals amtierenden Bundesagrarministers Christian Schmidt aus dem Frühjahr 2016, das Mindesthaltbarkeitsdatum, „den größten Feind im Kampf“ gegen Foodwaste, zu kippen.

Doch wie viele Verbraucher wissen das und handeln entsprechend?

Fast ein Drittel der Verbraucher verzichtet auf den Verzehr „abgelaufener“ Lebensmittel

  • Laut einer Umfrage seien sich von mehr als 800 nach ihren Gewohnheiten befragten Verbrauchern
  • 29 Prozent sicher, dass der Zeitraum auf den Waren ernst zu nehmen sei und man nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums auf den Verzehr verzichten solle.
  • 58 Prozent der Umfrageteilnehmer würden demnach selbst probieren, ob das „abgelaufene“ Lebensmittel noch genießbar sei.
  • Nur gut ein Fünftel (21 Prozent) der Befragten sehen sich ausreichend informiert über die Bedeutung der Daten auf den Lebensmittelverpackungen – die Mehrheit (79 Prozent) nicht.

Diese seitens der Verbraucher durchaus wahrgenommene Informationslücke führt offensichtlich zu Foodwaste – dabei ließe sie sich gut schließen. Das Internet bietet zum Mindesthaltbarkeitsdatum eine Fülle von Infos, ein guter Einstieg zum Informieren ist die Internetseite www.zugutfuerdietonne.de (ZGFDT) des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), die neben verschiedenen Studien zu Foodwaste auch praktische Hilfe bietet, um persönliches Foodwaste zu mindern  oder zu vermeiden.

Der oben bereits verlinkte Tagesspiegelbeitrag berichtet auch, dass nach einer neuen Studie des Ministeriums für Ernährung und Landwirtschaft „der Ablauf des MHD mit einem Anteil von 43 Prozent einer der Hauptgründe“ sei, warum Menschen Essen wegwerfen würden.

Es gilt also zur dringend nötigen Vermeidung von Foodwaste folgende Frage zu beantworten:

Wie lange ist ein Lebensmittel nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums noch genießbar?

Zur Beantwortung der Frage, ob ein Lebensmittel, das schon „drüber übers Mindesthaltbarkeitsdatum“ ist, noch genießbar ist oder nicht, müssen wir unseren gesunden Menschenverstand und unsere Sinne benutzen: Denn „abgelaufene“ Lebensmittel, die noch

  • gut aussehen
  • gut riechen
  • und gut schmecken,

sind in der Regel auch nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums noch genießbar.

Ein Beispiel: Joghurt mit der Aufschrift „mild“ sei laut Aussage der ZGFDT-Seite noch lange nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums genießbar. Forscher des Max-Ruber-Instituts hätten demnach „milde“ Joghurts getestet und die auch sechs Wochen nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums noch für ok befunden. Der Grund für die lange Haltbarkeit dieser Joghurt-Sorten nach Ablauf des MHD sei deren niedriger pH-Wert. Er schütze den Joghurt vor schnellem Verderb. Und noch ein Joghurt-Beispiel: Laut eines Langzeittests der Umweltschutzorganisation Greenpeace sei Naturjoghurt auch sechs Monate nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums noch nicht verdorben gewesen.

Wichtig fürs Auge: Ein wenig Flüssigkeit oben auf einem Joghurt sei den Forschern zufolge kein Zeichen für zu lange Lagerung und noch lange kein Grund, den „abgelaufenen“ Joghurt in die Tonne zu werfen: Bei der Flüssigkeit handele es sich um abgesetzte Molke, die man einfach wieder unterrühren könne. Entdecken wir dagegen Schimmel im Joghurtbecher, gehöre der Joghurt leider in den Müll – und zwar in den Biomüll!

Eine Liste mit Angaben zur Haltbarkeit von Lebensmitteln (Ananas bis Wurst), deren Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist, findet ihr hier von der Sendung SternTV online.

Mindesthaltbarkeitsdatum im Handel: Grund für Foodwaste seitens Händlern und Verbrauchern

Es ist jedoch nicht nur so, dass ein Verbraucher mit seinem Nichtwissen oder Halbwissen zum Mindesthaltbarkeitsdatum für unnötigen Foodwaste in den eigenen vier Wänden sorgt. Auch beim Einkauf beeinflusst das Mindesthaltbarkeitsdatum seine Kaufentscheidung: In der eingangs erwähnten Umfrage hätten 58 Prozent der Befragten angegeben, dass sie die Mindesthaltbarkeitsdaten von Lebensmitteln im Ladenregal vergleichen und dann zum Produkt mit der längsten Haltbarkeit greifen würden. Daraus resultiert häufig, dass Händler auf Lebensmitteln mit nur noch kurzen Haltbarkeitsfristen sitzen bleiben und diese schließlich wegwerfen.

15 Prozent der Umfrageteilnehmer würden nur bei tierischen Produkten auf das Mindesthaltbarkeitsdatum achten. Für 29 Prozent von ihnen spiele das MHD eine kaufentscheidende Rolle, wenn sie vorhätten, das Lebensmittel länger zu lagern. Knapp sieben Prozent würden den Umfrageergebnissen zufolge ins Regal greifen, ohne dabei auf die Mindesthaltbarkeit der Lebensmittel zu achten.

In der Umfrage hätten über 70 Prozent der Befragten gemeint, dass das Mindesthaltbarkeitsdatum häufig eine zu kurze Zeitspanne erfasse und dass das ein Grund dafür sei, dass am Ende zu viele Lebensmittel weggeworfen würden, die noch genießbar wären.

Der Handel beziehungsweise der einzelne Händler reagiert auf den Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums mitunter auch zu rasch mit einem gezielten Wurf in die Mülltonne. Dabei sei laut der Freien Enzyklopädie Wikipedia die Rechtslage klar: Produkte mit abgelaufenem Mindesthaltbarkeitsdatum dürften demnach weiter verkauft werden, vorausgesetzt, der Verkäufer habe sich davon überzeugt, dass die Ware einwandfrei sei.

Doch das ist nur eine Facette von Foodwaste im Handel. Greenpeace kritisierte Ende August, dass laut einer nicht unumstrittenen Umfrage österreichische Molkereien die Mindesthaltbarkeitsdaten ihrer Produkte oft rein willkürlich festlegen würden – auf Wunsch der Händler. So werde im Inland verkaufte Ware oft mit einem eher kurzen Mindesthaltbarkeitsdatum versehen, während es bei Exportprodukten gerne etwas großzügiger terminiert werde.

Fazit:

Für uns Verbraucher ergibt sich aus dem Vorgeschriebenen, dass wir

  1. unsere Lebensmittel möglichst zeitnah zum gewünschten Verbrauch
  2. und möglichst nur in der benötigten Menge kaufen,
  3. im Ladenregal möglichst zu den Produkten mit dem nächstfolgenden Mindesthaltbarkeitsdatum greifen
  4. und unsere Vorratskammern regelmäßig kontrollieren, um keine „Schrankleichen“ zu fabrizieren.

Das bedeutet für den einen oder anderen Verbraucher zwar eine Umstellung seines eingefahrenen Konsumverhaltens, lohnt sich aber, weil es Foodwaste mindert.

Händler und Handel können auf vielerlei Wegen gegen Foodwaste angehen:

  1. Schon beim Einkauf von den Erzeugern und Herstellern könnten die Händler sich mit ihren Qualitätskriterien an der natürlichen Vielfalt von „wachsenden“ Produkten orientieren.
  2. Eine rechtzeitige und mit Sicherheit aufwendige Durchschau der Regale auf Ablaufprodukte hin könnte zu gesonderten Verkäufen führen.
  3. Aussortierte, weil: abgelaufen, Produkte könnten Händler anstatt sie in die Tonne zu hauen sinnvollerweise spenden. Entsprechende Abnehmer gibt es zuhauf, wie wir euch im nächsten Teil unserer Serie noch zeigen werden. Bleibt dran!

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