Thermische Verwertung – Warum Deutschland Abfälle importiert

Made in Germany. Es gibt kaum noch T-Shirts, bei denen das auf dem Etikett steht. Rohstoffe, Nahrungsmittel, Fahrzeuge. All das muss zu einem beträchtlichen Teil importiert werden. Ansonsten sähe es im Land ganz anders aus. Aber neben diesen populären Importgütern, gibt es auch solche, bei denen man kurz die Stirn runzelt, wenn man hört, dass Millionen Tonnen davon jährlich ins Land geholt werden. Die Rede ist von Abfall.
Ist Abfall ein begehrtes Gut?
Aber warum bemüht man sich hierzulande um Dinge, die andere wegwerfen? Was passiert mit den importierten Abfällen? Sie werden verbrannt, in dafür vorgesehenen Anlagen. Von diesen gibt es bundesweit über 70. Das Verbrennen von Abfällen dient vor allem dem Erzeugen von Energie. Als Nebenprodukt entsteht Schlacke – und auch die kann genutzt werden; zum Beispiel beim Straßenbau. Das sind die Nutzen. Allerdings ist es nicht nur nützlich, sondern auch notwendig.
Seit 2005 gilt in Deutschland das Deponieverbot. Unbehandelte Abfälle dürfen seither nicht mehr deponiert werden. Die erste Alternative ist natürlich das Verbrennen. Doch auch dafür gibt es Einschränkungen. Es dürfen nur jene Abfälle verbrannt werden, die nicht recycelbar sind. Dank des Deponieverbots ist die Auslastung der Anlagen stark gestiegen. Die Menge der verbrannten Abfälle hat sich zwischen den Jahren 2000 und 2011 vervierfacht.
Situation in anderen Ländern
Während in Deutschland ein Deponieverbot herrscht, ist diese Art der „Entsorgung“ in anderen EU-Ländern nach wie vor Usus. Die meisten EU-Länder deponieren mehr als die Hälfte ihrer Siedlungsabfälle. In den Ländern Rumänien, Bulgarien, Malta und Kroatien liegt der Anteil sogar zwischen 90 und 100 Prozent.
Doch dieses Bild wandelt sich. Der Trend geht in Richtung Deponieverbot – und dieser Trend wird durch die EU verstärkt. Ein jüngstes Musterbeispiel ist Großbritannien. Noch 2011 wurde dort die Hälfte der Siedlungsabfälle deponiert. Aber die Reformen der letzten Jahre sorgen für stark wachsende Recyclingquoten und sagen Deponien den Kampf an. Und wenn nicht recycelbare Abfälle plötzlich nicht mehr deponiert werden dürfen, muss man reagieren. Man kann und sollte bei der Abfallvermeidung ansetzen. Aber das ist ein langfristiger Prozess. Man kann Abfallverbrennungsanlagen errichten. Dafür bedarf es Investitionen und es ist ebenfalls ein langwieriger Prozess. Oder aber man schiebt die Abfälle ins Ausland ab und kassiert auch noch dafür. Das geht schnell und ist einfach. Zudem lädt Deutschland mit seinen über 70 Verbrennungsanlagen quasi dazu ein. Allein aus Großbritannien wurden letztes Jahr 670.000 Tonnen Abfälle ins Land verfrachtet.
Darum importiert Deutschland Abfälle
Infolge des Deponierverbots im Jahr 2005 „musste“ überschüssiger Abfall verbrannt werden. Daraufhin stieg der Marktpreis in der Abfallverbrennung. Investitionen in zusätzliche Kraftwerke schienen sich zu lohnen. Auch weil die Preise für fossile Rohstoffe in den frühen 2000er-Jahren stark stiegen, sah man einen Vorteil darin, durch Abfallverbrennung Energie zu erzeugen. Mittlerweile gibt es viele Anlagen und die Preise sind seit 2005 um zwei Drittel gesunken.
Damit diese Anlagen wirtschaftlich rentabel bleiben, müssen sie ausgelastet sein. Und mit Abfällen aus dem Inland ist das nicht mehr möglich. Deshalb importieren Länder wie Deutschland und Schweden Abfälle vor allem aus ihren Nachbarstaaten. Denn auch diese profitieren davon. In den meisten EU-Ländern gibt es noch Deponien und zu wenige Verbrennungsanlagen. Und bevor diese Abfälle in ihren Herkunftsländern Boden und Luft verpesten, ist es besser, sie in Deutschland zur Energiegewinnung zu nutzen.
Thermische Verwertung: Ein Milliardengeschäft
Dass es bei der thermischen Verwertung um das große Geld und nicht bloß um Peanuts geht, beweist die jüngste Übernahme des niedersächsischen Abfallkonzerns EEW durch eine chinesische Holdingfirma. EEW betreibt 19 der modernsten Anlagen. Da der Trend in Europa klar weg von Deponien führt und hin zu thermischer Verwertung, dürfte sich das Geschäft für die Chinesen auszahlen. Doch sie erhoffen sich viel mehr als bloß finanziellen Profit. Sie schielen auf das Know-how. Die Länder in Asien sind starke Wachstumsmärkte. Wachstum entsteht durch Konsum und Konsum verursacht Abfälle. Und für diese suchen China und andere asiatische Länder nach einer Lösung. Deutsche Umwelttechnik könnte eine sein.
Kritik an der thermischen Verwertung
Bisher wurden die positiven Effekte der thermischen Verwertung hervorgehoben. Doch eines sollten wir nicht außer acht lassen: Abfallverbrennungsanlagen gibt es bloß deshalb, weil es Abfälle gibt, die nicht recycelbar sind. Und die Politik sollte ihr Hauptaugenmerk darauf richten, diese Abfälle bestmöglich zu vermeiden.
Und als zweites sollte der Blick auf das Recycling gerichtet werden. Zwar erfüllt Deutschland seine Quoten. Doch das tatsächliche Recyclingpotenzial liegt höher. Da man sich aber an der Quote orientiert, werden viele Tonnen Wertstoffe nicht erfasst und landen schlussendlich in Verbrennungsanlagen.
Und der dritte Blick sollte auf die Recyclingtechnik gerichtet werden. Denn was heute noch als nicht recycelbar gilt, könnte es in zehn Jahren sehr wohl sein. Thermische Verwertung ist sinnvoll. Sie ist viel umweltschonender als es Deponien sind. Aber die Anlagen mit Abfällen zu versorgen, darf nicht oberste Priorität sein. Bemühungen zur Abfallvermeidung und zu besserem Recycling müssen im Fokus stehen.
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Quellen:
Recycling und Rohstoffe, Band 7 (VIVIS Verlag)
http://www.deutschlandfunk.de/kampf-dem-abfall.697.de.html?dram:article_id=77438
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