Armes, reiches Sambia – Upcycling aus der Not heraus

Gepostet von am 28. Sep 2016

Armes, reiches Sambia – Upcycling aus der Not heraus

Der Blick in die Schwellenländer Teil VI

So manches Land ist reich an natürlichen Bodenschätzen und zählt dennoch zu den ärmsten dieser Welt. Aus Mangel an fast allem wird dort recycelt und upgecycelt, was der Müll, teils auch importierter, hergibt. Eine Fallstudie.

Die Republic of Zambia, ehemals Rhodesien, die wir auf Deutsch meist nur Sambia nennen, liegt als Binnenland im südlichen Teil Afrikas. Dreizehn Millionen Menschen leben dort – auf einer Fläche, die in etwa doppelt so groß wie Deutschland ist. Das Klima ist angenehm, die Böden sind fruchtbar, lese ich über Sambia. Das Land sei ein Naturparadies, heißt es, mit den atemberaubenden Victoria-Wasserfällen und einzigartigen Wildtierreservaten.

Ein Segen: Größtes Kupfervorkommen der Welt

Sambia liegt auf der Weltkarte direkt unter dem Kongo. Beide Länder teilen sich Afrikas größtes Kupferabbaugebiet, den sogenannten Copperbelt (Kupfergürtel), der etwa ein Zehntel des Weltkupfervorkommens überhaupt beherbergt. Der Kupfergürtel zieht sich mit 800 Kilometern Länge und 250 Kilometern Breite durch das Zentrum von Sambia. Kupfer steckt wegen seiner spezifischen Leitfähigkeit für elektrischen Strom (nach Silber und noch vor Gold die höchste) in vielen elektrischen Leitungen, Bauteilen und Geräten und Maschinen. Es kommt jedoch nicht nur in der Elektroinstallation zum Einsatz, sondern auch in der allgemeinen Versorgungstechnik, als Präzisions(bau)teil, als Münze, als Essbesteck, als Kunstgegenstand, als Musikinstrument und und und. Zum Beispiel auch als Kupferblech in der Dacheindeckung.

Keine Frage: Kupfer ist gefragt. Und entsprechend teuer. Gut 4.000 Euro kostet die Tonne derzeit. Sambia könnte wegen seiner Kupfererze ein wohlhabendes Land mit gut versorgten Bürgern sein.

Ist es aber nicht.

Ein Fluch: Größtes Kupfervorkommen der Welt

„Der Rohstoff-Reichtum hat sich in Sambia zu einem Rohstoff-Fluch gewandelt. … (Sambia – Anmerkung der Redaktion) ist … heute eines der ärmsten Länder der Welt. Über 60 Prozent seiner Bevölkerung leben … unterhalb des Existenzminimums. Zudem sorgt die Kupferproduktion für erhebliche Umweltschäden. Trinkwasserreservoirs wurden verseucht. Auch giftige Gase aus der Kupferschmelze gefährden die Anwohner“, schreibt Deutschlandradio Kultur hier. Die wirtschaftlichen Probleme bringen auch politische – und umgekehrt. Der aktuelle Sicherheitshinweis des Auswärtigen Amtes lässt erahnen, was in Sambia los ist: „Insbesondere bis zu den Parlaments-, Präsidentschafts- und Lokalwahlen am 11. August 2016 ist verstärkt mit politischen Kundgebungen, Demonstrationen und auch gewalttätigen Ausschreitungen zu rechnen. Besonders betroffen sind städtische Ballungsgebiete sowie die Umgebung von Hochschulen. Reisenden wird deshalb empfohlen, Demonstrationen und Menschenansammlungen zu meiden und die Medienberichterstattung aufmerksam zu verfolgen.“ (Stand: 13.9.2016)

Deutschlandradio Kultur zitiert Andreas Huebers von der entwicklungspolitischen Nichtregierungsorganisation „ONE“ mit den Worten: „Während bis Ende der Neunzigerjahre das ein halbstaatlicher Konzern war, der dort abgebaut hat mit der Unterstützung einiger multinationaler Unternehmen, hat jetzt das Militär die Mine übernommen. Viele Menschen aus der Region müssen als Zwangsarbeiter in den Minen arbeiten, unter vorgehaltener Waffe des Militärs.“

Klingt weder nach Reichtum, noch nach Wohlstand – zumindest nicht in Bezug auf die Kupferminenarbeiter.

Recycling & Upcycling in und für Sambia

Zugleich habe ich Recycling- und Upcycling-Projekte in Sambia gefunden, die uns Einblicke in die Gesellschaft, den Alltag, den sie erlebt, gewähren:

Uplifting Unlimited

Auf betterplace.org stieß ich auf dieUpcycling Initiative mit Straßenkindern in Sambia – Ein Hilfsprojekt von ‚Uplifting Unlimited‘ (D. Wolter) in Lusaka, Sambia“. In der Beschreibung des Projekts steht unter anderem:

„Uplifting Unlimited ist eine junge aufstrebende Initiative, deren Grundidee darin besteht, Materialien, die scheinbar keinen Nutzen mehr haben, in liebevoll produzierte, handgemachte Produkte zu verwandeln. Mit einer Gruppe (ehemaliger) Straßenkinder, die das Herz unserer Initiative darstellen, haben wir begonnen aus leeren Glasflaschen Trinkgläser, Lampenschirme und Kerzenhalter – alles in unterschiedlichen Formen, Farben und Größen – herzustellen. Durch diese Beschäftigung lernten Solomon, Caristo, Amon und Benjamin, was es bedeutet, eigenständig Verantwortung zu übernehmen. Außerdem bot sich ihnen so die Möglichkeit auf einen bescheidenen Lebensunterhalt, statt darauf angewiesen zu sein, auf der Straße für eine Mahlzeit zu betteln. Die vier Jungs stellen die erste Generation von ‚Uplifting Boys‘ dar. Allerdings wächst unsere kleine Familie kontinuierlich: Aktuell führen wir die zweite Generation von Teenagern – Jack und Joe – in die Produktionsprozesse unserer Glasprodukte ein.“

Solarkocher

Noch ein Upcycling-Fundstück im Zusammenhang mit Sambia ist das hier: Der deutsche Dr. Maximilian Pielmaier sammelte 2008 verbrauchte Druckertoner und finanzierte damit Solarkocher für Waisenhäuser, Kinderheime und Großfamilien in Sambia. „Wir recyceln Wertstoffe in der Oberpfalz und schonen damit die Wälder in Sambia“, erklärt Dr. Pielmaier damals dem Onetz.

Weit mehr als 1.000 Druckertoner und -kartuschen von Firmen und Privatleuten habe das Mitglied des Lions Clubs bisher (Stand Oktober 2008) gesammelt, schreibt das Onetz weiter. Mit den Padres und Schwestern der Steyler Missionsgesellschaft als integre Kooperationspartner vor Ort in Afrika habe Pielmaier die Gewähr gegeben, dass die Recyclinggelder dann den wirklich Bedürftigen zugute kämen.

Die Solarkocher wurden in Sambia gekauft und direkt an Waisenhäuser und Kinderheime ausgeliefert. Das südliche Afrika sei demnach für den Einsatz der Sonnenenergie ideal, da hier elf Monate die Sonne scheine. Die Parabolspiegel bündelten die Strahlen so konzentriert, dass sie die traditionellen Hirsegerichte und Gemüseeintöpfe rasch und unkompliziert zum Kochen brächten. Ein Kessel mit zehn Liter Wasser siede beispielsweise in sechs bis acht Minuten. Wegen der Bodenerosion und der sich ausdehnenden Wüsten hätte das Holzsammeln offiziell unter harter Strafe gestanden, berichtete das Onetz 2008. Doch die meisten Einrichtungen in Sambia verfügten demnach über keinen Stromanschluss. „Die Sonne liefert die kostenlose und absolut umweltfreundliche Energie für die Solarkocher“, betonte Pielmaier die enorme Verbesserung der Lebensqualität gegenüber Onetz.

So weit zu Sambia. Ich hätte an seiner Stelle zig andere Länder als Fallbeispiel heranziehen können. Denn von solchen rohstoffreichen und dennoch armen Ländern gibt es noch viele andere.

 

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