Rohstoffverknappung: Wie lange reichen unsere Rohstoffe noch?

Wer die Versorgungslage mit Rohstoffen beurteilen will, muss nicht nur die tatsächlichen Vorräte in Gramm und Liter kennen und diese in Beziehung zu Nachfrage und Verbrauch setzen (sogenannte statische Reichweite), sondern auch beachten, ob und in welchem Maße die Rohstoffe recycelt (Recycelbarkeit) oder durch andere Rohstoffe ersetzt (Substituierbarkeit) werden können. Die folgende Infografik (basierend auf der CUTEC-Studie 2016) zum kostenlosen Download verschafft euch zu 14 ausgewählten Rohstoffen relevante Infos zu statischer Reichweite, Recyclingrate und dem zugehörigen Substituierbarkeitsindex. Ergänzend gibt’s Fakten zur Restverfügbarkeit und allgemeinen Versorgungslage.
Wo findet ihr die Infografik zur aktuellen Rohstofflage?
Die Infografik „Restverfügbarkeit und Versorgungslage – so ist es um unsere Rohstoffe bestellt“, die ich euch mit diesem Artikel ans Herz legen möchte, weil sie für 14 wichtige Rohstoffe viele aktuelle Daten und Fakten liefert, findet ihr auf der Internetseite „Die REMONDIS-Welt der Nachhaltigkeit“ (Startseite) zum kostenlosen Download als PDF-Datei.
Woher stammen die Daten der Infografik?
Die Daten der Infografik stammen von der Clausthaler Umwelttechnik-Institut GmbH, kurz: CUTEC genannt, ein Unternehmen des Bundeslandes Niedersachsen, das seit 1990 als Partner und Dienstleister an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Wirtschaft arbeitet und laut eigener Aussage „anwendungsnahe Forschung mit dem Ziel, Ergebnisse der Grundlagenforschung zeitnah in praxisgerechte Technologien umzusetzen“ betreibt.
Wie aktuell sind die Daten der Infografik?
Laut Angabe der REMONDIS SE & Co. KG seien die Daten von einer Kritikalitätsbewertung der CUTEC mit dem Titel „Prüfung und Aktualisierung von Rohstoffparametern“, die 2016 mit Daten von 2015 erstellt wurde.
Was unterscheidet Rohstoffreserven von Rohstoffressourcen?
Zum Verständnis des Themas Rohstoffversorgung sollte man den kleinen, aber feinen Unterschied zwischen den beiden Begriffen „Reserve“ und „Ressource“ kennen – die meist synonym verwendet werden. Der Begriff Rohstoffreserven gilt mittelfristig als relevanter und aussagekräftiger: Denn er meint die Menge an Rohstoffen, die wir mit den uns derzeit zur Verfügung stehenden Technologien und zugehöriger Technik wirtschaftlich gewinnen können. Rohstoffressourcen sind dagegen die Vorkommen an Rohstoffen, die uns bekannt sind – die wir jedoch nicht in ihrer Gänze fördern und nutzen können. Auf eine Formel gebracht, könnte man die beiden Begriffe auch so darstellen:
Rohstoffressourcen = Summe aller existierenden Rohstoffvorkommen = derzeit nutzbare (förderfähigen) Rohstoffe (Rohstoffreserve) plus derzeit (noch) nicht nutzbare Rohstoffvorkommen
Kritikalitätsbewertung für 14 Rohstoffe: von Chrom bis Zirkon
Für ihre Kritikalitätsbewertung hat die CUTEC 14 wichtige Rohstoffe ausgewählt – in alphabetischer Reihenfolge:
- Chrom,
- Gallium,
- Gold,
- Indium,
- Kobalt,
- Kupfer,
- Niobium,
- Phosphor (Phosphat),
- Platingruppenmetalle (PGM),
- Tantal,
- Titan,
- Wolfram,
- Zink
- und Zirkon.
Für jeden Rohstoff gibt es
- sowohl eine Jahreszahl, die beziffert, bis wann der Rohstoff als Reserve (abbaufähig mit heutigen Möglichkeiten) gemäß heutiger Nachfrage und heutigem Verbrauch reicht,
- als auch eine Jahreszahl, die beziffert, bis wann der Rohstoff als Ressource reichen würde, wenn man seine tatsächlichen Vorkommen fördern könnte (Ausnahmen: Für Gold, Wolfram, Niobium und Tantal gibt es keine Angabe zu Ressourcen).
Je nach Rohstoff sind die Differenzen zwischen den Jahreszahlen Reserven und Ressourcen verschieden.
Farbig markiert wird zudem, ob bei den ausgewählten Rohstoffen nach Datenstand von 2015 ein Versorgungsrisiko besteht – oder nicht. Auf den ersten Blick ist abzulesen, dass fünf Rohstoffe (Indium, Chrom, Wolfram, Tantal und Titan) diesbezüglich als nicht kritisch (türkis) bewertet werden, während der Rest (sieben Rohstoffe, Ausnahme: Zirkon ohne Angaben, senfgelb) als kritisch eingeschätzt werden. Das Verhältnis 7:5 steht für sich, für den Großteil der wichtigen Rohstoffe sehen die wissenschaftlichen Analysten von CUTEC ein Versorgungsrisiko.
Auch die Recyclingraten (Datenstand von 2013) der vierzehn betrachteten Rohstoffe informiert über unseren Umgang mit diesen: Drei von vierzehn Rohstoffen (keine Angaben für Zirkon) werden bislang überhaupt nicht recycelt (Recyclingrate von Indium, Phosphor und Gallium = Null). Bei sieben weiteren liegt die Recyclingrate bei weniger als 25 Prozent. Bei Gold ist die Recyclingrate genau 25 Prozent, bei PGM und Wolfram liegt sie mit jeweils 35 und 37 Prozent am höchsten.
Der Substituierbarkeitsindex entspräche in der Grafik nach Datenstand von 2013 mit einem Wert von 1 einer vollständigen Substituierbarkeit eines Rohstoffs. Tatsächlich liegt er bei Werten zwischen 0,02 für Phosphor und 0,67 für Titan. Auch hier liegen für Zirkon keine Angaben vor.
Noch mehr Infos zu den einzelnen Rohstoffen
Die REMONDIS hält auf ihrer Infoseite zur Rohstoffknappheit zusätzlich zur Infografik noch für jeden Rohstoff Informationen bereit, darunter zu
- seiner allgemeinen Bedeutung,
- Verwendungsbeispiele,
- Verfügbarkeit u. a.
Per Klick auf einen der 14 aufgelisteten Rohstoffe werden euch die zugehörigen Infos angezeigt. Am Beispiel von Kupfer, dessen Versorgungsrisiko als kritisch bewertet wird, zeige ich euch, welche Infos ihr als Extra bekommt:
Versorgungsrisiko Kupfer
„Derzeit beträgt die jährliche globale Produktion an Kupfer ca. 19 Millionen Tonnen bei geschätzten 720 Millionen Tonnen Kupferreserven weltweit [USGS 2016]. Damit errechnet sich eine statische Reichweite von 39 Jahren. Die identifizierten Kupferressourcen betragen ca. 2.100 Millionen Tonnen, was gemessen am heutigen Verbrauch eine statische Ressourcenreichweite von gut 112 Jahren ergibt. Hauptexportland ist Chile mit einem Anteil von ca. 31 Prozent an der weltweiten Förderung. Weitere wichtige Länder sind China (9,4 Prozent), Peru (8,6 Prozent), die USA (6,7 Prozent) und die Demokratische Republik Kongo (5,3 Prozent). Betrachtet man die drei wichtigsten Förderländer, so ergibt sich in Summe ein Förderanteil von ca. 49 Prozent der Weltproduktion. Bei den produzierenden Unternehmen entfallen auf die drei wichtigsten Unternehmen gut 29,4 Prozent.“
Zur Recyclingfähigkeit und Substituierbarkeit von Kupfer ist zu lesen, dass Kupfer leicht zu recyceln sei, allerdings differierten die angegebenen Recyclingraten zwischen 20 und 47 Prozent. Die deutsche Recyclingrate (über 40 Prozent) belege demnach, dass sich noch erhebliche Potenziale erschließen ließen. Die nahezu einzigartigen Fähigkeiten von Kupfer hauptsächlich hinsichtlich der elektrischen Leitfähigkeit erschwerten jedoch seine Substitution.
Als Beispiele für die Substitution von Kupfer nennt die REMONDIS-Nachhaltigkeitsseite: Statt Kupfer werde demnach
- Aluminium in Stromkabeln, elektrischen Geräten, Autokühlern, Kühl- und Kälterohren,
- Titan und Stahl in Wärmetauschern,
- Glasfaser in Telekommunikationsanwendungen
- und Kunststoff in Wasserleitungen, Abflussrohren und Sanitärinstallationen
verwendet.
Ich hoffe, ich konnte eure Neugier auf die Infografik zur Restverfügbarkeit von und Versorgungslage mit 14 ausgewählten Rostoffen wecken.
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2 Kommentare
Das macht einem irgendwie ein bisschen Angst, solche Zahlen zu lesen. Kaum auszumalen wie das im nächsten Jahrhundert mal alles vonstattengehen soll. Besorgniserregend finde ich aber die niedrige Recyclingrate bei Kupfer, hier muss sich definitiv noch was ändern, wir müssen JETZT anfangen die Potenziale zu nutzen und viel umweltbewusster mit unseren Ressourcen umgehen!
Wahrscheinlich gelingt es in einigen Jahrzehnten, Rohstoffe aus Asteroiden oder dem Mond zu gewinnen. Die Recyclingsquote bietet noch Reserven. In der Nordpolarregion werden große Bodenschätze vermutet. Bergbau in der Antarktis wird es (Antarktisvertrag)so bald nicht geben. Weitere Bodenschätze gibt es auf den Planeten Merkur, Venus und Mars. Bis sich dort ein Abbau lohnt, werden aber noch viele Jahre vergehen. In der Lausitz werden 1.5 Millionen Tonnen Kupfer vermutet.