Causa Biotonne: Was nutzen Regeln, die nicht umgesetzt werden?

Schon seit dem 1. Januar 2015 gibt es für Kommunen die gesetzliche Pflicht, Bioabfälle aus Haushalten flächendeckend getrennt von anderen Abfällen zu erfassen. Allerdings wird diese Pflicht nicht überall eingehalten. Welchen Stellenwert haben gesetzliche Vorgaben, wenn sie von Kommunen schlichtweg ignoriert werden, ohne dass hierfür Konsequenzen drohen?
Jüngst hatte der NABU aktuelle Zahlen zur Biotonne veröffentlicht: Von 402 Landkreisen und kreisfreien Städten weigern sich immer noch 35, eine Biotonne einzuführen. Das sind fast neun Prozent, obwohl die Pflicht zur Getrenntsammlung bereits seit über zwei Jahren besteht und dieses Datum auch schon seit Mitte 2012 bekannt ist. Hinzu kommt, dass es in diesen Regionen zum Teil auch keine zentralen Sammelstellen für Bioabfälle gibt.
Das heißt, die Kommunen räumen ihren Bürgern überhaupt keine Möglichkeit ein, ihre organischen Abfälle, also vor allem Nahrungs-, Küchen- und Gartenabfälle, einer getrennten Sammlung und Verwertung zuzuführen und handeln damit gegen den Willen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes.
Haltlose Gründe für Nicht-Einführung der Biotonne
Durch diese Praxis entgehen dem Recycling zahlreiche organische Wertstoffe, die zu Biogas oder Kompost weiterverwertet werden könnten. In besagten Städten und Gemeinden würden sich also noch ungenutzte Potenziale heben lassen. Warum passiert das nicht?
In der Regel führen kommunale Entsorger zu hohe Kostensteigerungen als Argument an. In ländlichen Regionen überwiegt die Behauptung, gerade in dünn besiedelten Gebieten seien die Transportentfernungen zu weit und stünden in keinem Verhältnis zum erzielbaren Nutzen. Zudem werde oftmals im eigenen Garten kompostiert. In städtischen Regionen wird vielfach das Argument der schlechten Sammelqualitäten genannt.
Für all das gibt es aber genügend Gegenbeispiele: Eine Kosten- und Gebührenersparnis durch reduzierte Restabfallmengen, gute Sammelqualitäten in Innenstadtbereichen, hohe Erfassungsmengen in ländlichen Räumen und Eigenkompostierer, die hohe Mengen ihres organischen Abfalls schlechterweise im Restabfall entsorgen.
Letzteres wurde in der Studie von Kern et Siepenkothen (2014) festgestellt: Durchschnittlich 50 Prozent (!) des Restabfalls von Eigenkompostieren waren Abfälle, die eigentlich in eine Biotonne gehören. Der heimische Komposthaufen, und das sieht auch das Bundesumweltministerium so, ist daher keine Alternative zur Nutzung eines Getrenntsammelsystem (z. B. die Biotonne), sondern nur eine Ergänzung.
Eindeutig definieren, was in die Biotonne gehört
Bedauerlicherweise besteht aber auch bei Biotonnennutzern rund ein Drittel des Restabfalls aus nativ-organischen Bestandteilen, zumeist Nahrungs- und Küchenabfälle. In der Gesamtbetrachtung haben vor allem die Nahrungsabfälle ihren Weg in die Biotonne oder in die Eigenkompostierung (noch) nicht gefunden. Hauptproblem ist, dass oftmals genau diese Abfälle per kommunaler Abfallsatzung von der Biotonne ausgeschlossen werden. Also selbst wenn eine Biotonne bereitsteht, wird das Recycling immer noch erschwert.
Um weitere Potenziale zur hochwertigen Bioabfallverwertung zu heben, wäre den Kommunen dringend empfohlen, diese Satzungen anzupassen und die Bürger über das richtige Trennverhalten zu informieren. Denn ohne regelmäßige und qualifizierte Öffentlichkeitsarbeit sowie Kontrollen der Sammelqualität bleibt es schwierig, eine hochwertige Verwertung, wie vom Gesetzgeber gefordert, umzusetzen.
Ohne Umsetzung und Kontrolle sind Regeln sinnlos
Was bleibt zu tun? Die Getrenntsammlungspflicht ist eindeutig an die Kommunen adressiert. Verweigern sie sich der flächendeckenden Getrenntsammlung von Bioabfällen beispielsweise durch die Einführung einer Biotonne, verstoßen sie gegen das Kreislaufwirtschaftsgesetz. Kommunalaufsichtsbehörden können indes von der Möglichkeit Gebrauch machen, diese Pflicht zu erzwingen. Trotzdem ist bis dato kein Fall bekannt, bei dem eine Kommunalaufsicht aktiv geworden ist.
Die Causa Biotonne zeigt einmal mehr, wie ein politischer Beschluss durch alle Ebenen hinweg weder vollständig umgesetzt noch kontrolliert wird.
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1 Kommentar
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