Wer sind die Akteure auf dem Rohstoffmarkt und was tun sie dort?

Gepostet von am 27. Jun 2017

Wer sind die Akteure auf dem Rohstoffmarkt und was tun sie dort?

Rohstoffe, Rohstoffpreise, Rohstoffhandel, Rohstoffmarkt (Teil 2)

In Teil 2 meiner Artikelreihe zum komplexen Thema Rohstoffe gehen wir heute auf den Markt: den Rohstoffmarkt. Ich stelle euch vor, wie er funktioniert, welche Akteure dort unterwegs sind und was sie treibt.

Der Satz „Rohstoffe stellen mehr als ein Drittel aller Güter im Welthandel dar, schreibt die Wiki.“, mit dem ich den ersten Teil dieser Artikelreihe begann, macht die enorme Bedeutung des Rohstoffhandels klar. Wir gewinnen weltweit etwa 70 Milliarden Tonnen Rohstoffe pro Jahr. Ihr Verbrauch ist regional sehr unterschiedlich: Der Pro-Kopf-Verbrauch sei laut Wikipedia in Europa viermal höher als in Asien und fünfmal so hoch wie in Afrika. Konkrete Rohstoffverbrauchszahlen schwanken von Quelle zu Quelle: Deutschland liege mit einem Rohstoffverbrauch von 200 Kilogramm pro Kopf und Tag weltweit mit an der Spitze, schreibt die Wikipedia. Die Berliner Zeitung beziffert den Rohstoffverbrauch dagegen auf 44 Kilogramm pro Deutschem und pro Tag. In der Online-Ausgabe der Zeitung steht auch: „Deutschland ist eines der wichtigsten Rohstoffländer der Welt. Das gilt allerdings nur bezüglich des Konsums. Auf jeden Bundesbürger kommen 44 Kilogramm – an jedem der 365  Tage des Jahres. 2015 wurden bundesweit 602 Millionen Tonnen Mineralien, 25 Millionen Tonnen Metallerze, 403 Millionen Tonnen fossiler Energieträger und 272 Millionen Tonnen Biomasse verbraucht. Es sind beeindruckende Zahlen, die das Umweltbundesamt in seinem ersten Ressourcenbericht für Deutschland präsentiert . . . vier Fünftel dieses enormen Volumens wachsen nicht nach, und zwei Drittel der in Deutschland verwendeten Rohstoffmenge werden importiert.“

Damit dürfte klar geworden sein, welche Bedeutung Rohstoffe, ihr Preis und ihr Handel für unsere Republik als Ganzes und jeden einzelnen ihrer Bürger hat.

Der Rohstoffmarkt

Wichtige Handelsplätze für Rohstoffe sind laut der Wikipedia:

  • die weltgrößte Warenterminbörse New York Mercantile Exchange (NYMEX). Dort werden Metalle, Energieprodukte, Agrarrohstoffe und andere Produkte gehandelt.
  • die London Metal Exchange (LME) für Industriemetalle, Aluminium, Blei, Kupfer, Nickel, Zink und
  • der London Bullion Market als wichtigster außerbörsliche Handelsplatz (englisch: Over-The-Counter, OTC) für Gold und hier werde seit 1919 der Weltmarktpreis für Gold und seit 1897 der Weltmarktpreis für Silberfestgestellt.

Zur weiteren Beschreibung des Rohstoffmarktes, der dort handelnden Akteure und der Interaktion zwischen ihnen stütze ich mich insbesondere auf das Hintergrundpapier „Rohstoffmärkte unter Preisdruck“, dessen ersten Teil „Rohstoffpreise und Finanzmärkte“ aus der Feder von Cornelia Staritz, Österreichische Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung (ÖFSE) stammt.

Handelsplätze für Rohstoffe

Cornelia Staritz schreibt, dass Rohstoffe auf sogenannten

  • Rohstoff-Spotmärkten
  • und Rohstoff-Derivatmärkten

gehandelt würden, wobei ein Spot oder auch physischer Markt ein Markt sei, in dem physische Rohstoffe mit sofortiger Lieferung zwischen Produzenten und Konsumenten (darunter Bauern, Verarbeitern und Großhändlern) gehandelt würden. Rohstoff-Derivate seien demnach Kontrakte, die Inhabern das Recht oder die Verpflichtung geben, einen physischen Rohstoff in der Zukunft zu einem bestimmten Preis zu handeln. Handel, also Transaktionen, auf beiden Märkten könnten entweder an regulierten Börsen oder ungeregelt Over the Counter (OTC, auf Deutsch etwa: „über den Verkaufstresen“) bilateral zwischen zwei Parteien stattfinden

Die Börsen für Rohstoffderivate nennt man Rohstoff-Terminmärkte. Derivatmärkte würden der Autorin des Hintergrundpapiers zufolge zwei wichtige Funktionen für Produzenten und Konsumenten physischer Rohstoffe bieten:

  1. Die Preisfindungsfunktion, da die Preise auf Derivatmärkten als Benchmark für viele physische Rohstoffpreise verwendet würden, da Spot-Märkte oft geographisch gestreut seien und deren Preise erheblich voneinander abweichen könnten.
  2. Die Versicherungsfunktion, da sich physische Marktteilnehmer auf Derivatmärkten gegen das Risiko von Preisschwankungen absichern könnten.

Dazu müsse man wissen, dass in den 1950er- und 1960er-Jahren andere Instrumente zur Preisregulierung und -absicherung wie Lagerhaltung und Exportquoten im Rahmen von International Commodity Agreements (ICAs) und nationale Commodity-Boards oder Stabilization Funds existiert hätten. Doch in den 1970er- und 1980er-Jahren seien solche Institutionen weitgehend abgebaut worden und Derivatmärkte hätten diese Funktionen übernommen.

Händler für Rohstoffe auf den Rohstoffmärkten

Die Akteure auf Rohstoff-Derivatmärkten unterteilt Staritz in drei Kategorien:

  1. Die erste Kategorie seien ihr zufolge kommerzielle Händler, also Produzenten und Konsumenten physischer Rohstoffe, die sich auf den Derivatmärkten absichern.
  2. Die zweite Kategorie seien entsprechend nicht-kommerzielle Händler, die also nicht über eine zugrunde liegende physische Rohstoff-Position verfügen würden, sondern (gegen eine Prämie) das Preisrisiko kommerzieller Händler übernehmen und darauf hoffen würden, von Preisentwicklungen zu profitieren.

Hintergrundwissen: Da im Gegensatz zu anderen Finanzinvestitionen bei Rohstoff-Derivaten keine Zinsen, Renten oder Dividenden anfielen, sei der einzige Gewinn, den ein Rohstoffhändler erzielen könne, eine vorteilhafte Preisentwicklung. Deshalb sei, so schreibt Cornelia Staritz, das Handeln von Derivaten, das nicht der Absicherung einer zugrunde liegenden physischen Position diene, immer Spekulation.

Spekulanten agierten demzufolge

  • entweder auf Grundlage von Informationen über Fundamentaldaten
  • oder verwendeten technische Handelssysteme, die zukünftige Preise aufgrund von vergangenen Preisen oder komplizierteren Preismustern vorherzusagen versuchen.

Bis vor Kurzem seien die meisten Rohstoff-Derivatmärkte von sogenannten fundamentaldaten-getriebenen Spekulanten dominiert worden, ist im Hintergrundpapier weiter zu lesen.

  1. Seit den 1990er- und insbesondere den frühen 2000er-Jahren sei Staritz zufolge eine dritte Kategorie von Akteuren auf den Rohstoff-Derivatmärkten wichtig geworden: sogenannte Finanzinvestoren. Die erklärt sie so: „Banken, institutionelle Anleger und Hedge Fonds, haben Rohstoffderivate als neue Anlagemöglichkeiten – neben Aktien, Anleihen und Immobilien – im Zuge der Dot-Com-Krise (2000/01) sowie der globalen Finanzkrise (2008/09) für sich entdeckt.“

Die zunehmende Bedeutung von Finanzinvestoren stehe demnach in engem Zusammenhang mit Deregulierungen auf Derivatmärkten, der Entstehung neuer Anlageinstrumente und der Suche nach neuen Anlagemöglichkeiten.

Entwicklungen auf dem Rohstoffmarkt

Der Begriff Finanzialisierung beschreibe laut Cornelia Staritz die zunehmende Bedeutung von Finanzinvestoren und Dynamiken auf Finanzmärkten in Rohstoffmärkten. Sie unterteilt die Finanzinvestoren

  • in jene mit längeren Zeithorizonten
  • und jene mit kurzfristigen Horizonten.

Finanzinvestoren mit längeren Zeithorizonten seien demnach sogenannte Indexinvestoren, also institutionelle Anleger wie Pensionsfonds, Sovereign Wealth Funds, öffentliche und private Stiftungen und Lebensversicherungen, die passive Handelsstrategien verfolgen würden. Sie würden RohstoffIndizes nachbilden, die die Preisentwicklung von mehreren Rohstoffen in einem Index zusammenfassten und auf langfristig steigende Preise setzten.

Finanzinvestoren gingen dabei eine Vereinbarung (meistens einen sogenannten OTC-Swap*) mit einer Bank ein, bei der die Bank aktiv den Rohstoffindex nachbilde und ihre Swap-Geschäfte auf den Terminmärkten absichere.

Staritz nennt als Beispiel die vier größten sogenannten Swap-Händler des Jahres 2008: Goldman Sachs, Morgan Stanley, JP Morgan und Barclays Bank. Diese hätten im genannten Jahr rund 70 Prozent der Rohstoff-Index-Swaps-Positionen gehalten.

Die beiden größten Rohstoff-Indizes seien Staritz zufolge

  • der Standard & Poor’s Goldman Sachs Commodity Index (S&P GSCI)
  • und der Dow Jones-Union Bank of Switzerland Commodity Index (DJUBSCI) .

Die Deutsche Bank bezeichnet Cornelia Staritz als einen wichtigen Player auf Rohstoffderivatmärkten – sie sei nicht nur die Nr. 1 in Deutschland, sondern sie gehöre auch zu den führenden Banken beziehungsweise Finanzakteuren im globalen Rohstoffhandel.

Die zweite Gruppe von Finanzinvestoren seien nach Staritz sogenannte Money Manager, die mit viel kürzeren Zeithorizonten agieren und die aktiv auf steigende und fallende Rohstoffpreise spekulieren würden. Ihre Investitionen seien in der Regel kleiner. Sie würden sich jedoch mit der Häufigkeit der Transaktionen auszeichnen und auf unterschiedlichen Computer-basierte technischen Handelssystemen begründen.

Fazit

Akteure auf den Rohstoff-Derivatmärkten sind

  • Kommerzielle Händler (Produzenten und Konsumenten physischer Rohstoffen, die sich auf den Derivatmärkten absichern).
  • Nicht-kommerzielle Händler, die das Preisrisiko von kommerziellen Händlern (gegen eine Prämie) mit der Hoffnung übernehmen, dass sie von Preisentwicklungen profitieren.
  • Finanzinvestoren wie Banken, institutionelle Anleger und Hedge Fonds, die Rohstoffderivate als Anlagemöglichkeiten neben Aktien, Anleihen und Immobilien sehen.

Mit Finanzialisierung ist die zunehmende Bedeutung von Finanzinvestoren und daraus resultierenden Dynamiken auf Finanzmärkten in Rohstoffmärkten gemeint.

Finanzinvestoren sind:

  • Indexinvestoren (institutionelle Anleger wie Pensionsfonds, Sovereign Wealth Funds, öffentliche und private Stiftungen und Lebensversicherungen) setzen mit Rohstoff-Indizes, die die Preisentwicklung von mehreren Rohstoffen in einem Index zusammenfassen, auf langfristig steigende Preise.
  • Money Manager agieren dagegen mit viel kürzeren Zeithorizonten und spekulieren aktiv auf steigende und fallende Rohstoffpreise.

*Derivate auf Terminmärkten können in sogenannte Futures, Options und Swaps unterschieden werden. Futures beinhalten laut Cornelia Staritz die Verpflichtung zu einem bestimmten Preis in der Zukunft einen physischen Rohstoff zu handeln – Options das Recht. Swaps würden demnach eine Vereinbarung beinhalten, an zukünftigen Zeitpunkten vertraglich definierte Zahlungsströme auszutauschen (Zahlungsausgleich) – zum Beispiel der Zinssatz einer U.S.-Anleihe gegen die Preissteigerung eines Rohstoff-Indexes.

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