Wertstofferfassung: Welche Rolle die Einwohnerdichte spielt

Wertstoffe und Einwohnerdichte. Was könnten diese beiden Begriffe gemein haben? Es ist nicht nur das „e“ am Wortende. Die Einwohnerdichte hat erheblichen Einfluss darauf, wie viel und welche Wertstoffe gesammelt werden. Zudem sind öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger in einer Großstadt mit anderen Voraussetzungen konfrontiert als in einem kleinen Dorf.
Das INFA-Gutachten
Die INFA GmbH stellt in ihrem Gutachten zwei Varianten vor, um Wertstoffe besser erfassen zu können als bisher. Bei der bescheidenen Variante werden pro Jahr und Kopf 70 Kilogramm Wertstoffe zusätzlich erfasst. Bei der ambitionierten Variante sind es gar 90 Kilogramm. Ist man bescheiden, schöpft man lediglich das Wertstoffpotential im Rest- und Sperrmüll ab. Agiert man ambitioniert, nimmt man sich die Quote der besten öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger als Vorbild und eifert ihnen an. Das ist nicht bloß wünschenswert, sondern auch möglich.
Zwischen den Zeilen
Aber auch abgesehen von den zwei vorgestellten Varianten zur Verbesserung der Wertstofferfassung, ist das INFA-Gutachten ein Quell wichtiger Informationen. So wird das Potential jeder Wertstoffart einzeln unter die Lupe genommen – und das unter Berücksichtigung der Einwohnerdichte. Die Siedlungsstruktur ist ein nicht zu unterschätzender Faktor bei der Wertstofferfassung. Die Abfallwirtschaft läuft in einer Gemeinde mit 500 Seelen anders ab, als in einer Stadt. Auch das Potential an zu erfassenden Wertstoffen ist abhängig von der Einwohnerdichte. Darum wurden im INFA-Gutachten die Landkreise und kreisfreien Städte nach Einwohnerdichte in fünf Gruppen eingeteilt:
- weniger als 150 Einwohner/km²
- zwischen 150 und 500 Einwohner/km²
- zwischen 500 und 1.000 Einwohner/km²
- zwischen 1.000 und 2.000 Einwohner/km²
- über 2.000 Einwohner/km².
Abfälle von Stadt und Land
Einige Ergebnisse waren zu erwarten, andere nicht. Zu erwarten war, dass das Potential an Grünabfall mit zunehmender Siedlungsdichte abnimmt. Grund dafür ist die Begleiterscheinung der Urbanisierung: Mehr Leute, mehr Stadt, mehr Asphalt, weniger Grün. Das Potenzial an Altholz steigt hingegen mit zunehmender Einwohnerdichte leicht an.
Aber nicht bei allen Wertstoffen ist ein so klarer Trend zu erkennen. Bei einigen Wertstoffen verhindert das Potential der sehr ländlich strukturierten Gebiete einen klaren Trend. Bei Altpapier und Bio- und Grünabfällen ist das der Fall. Bei beiden nimmt das Potential mit zunehmender Siedlungsdichte ab. Demzufolge müsste das Potential in sehr ländlichen Gebieten am höchsten sein. Dem ist jedoch nicht so. Bei den schon angesprochenen Grünabfällen ist der Grund schnell gefunden. Eigenkompostierung wird dort (wahrscheinlich) wesentlich öfter betrieben, als in verstädterten Gebieten.
Die Stadt verliert Wertstoffe
Einen Trend gibt es, der ist völlig frei von Ausreißern. Es wurden acht Wertstoffarten untersucht und alle acht haben eines gemeinsam. Mit zunehmender Einwohnerdichte versickern mehr Wertstoffe im Restmüll. Bei manchen Wertstoffen ist der Anteil im Restmüll hoch; bei anderen ist er irrsinnig hoch. Ein Beispiel: In ländlichen Gebieten landen 6 Kilogramm Glas pro Person im Restmüll, in sehr dicht besiedelten Orten 13 Kilogramm – fast doppelt so viel. Bei Kunststoff ist der Unterschied noch eklatanter. Laut des INFA-Gutachtens tritt dieses Phänomen auch bei flächendeckendem Angebot an Sammel- und Lagerstellen auf.
Wir sehen: Die Erfassung und auch das Potential bestimmter Wertstoffe hängt von der Einwohnerdichte ab. Was aber nicht zu übersehen ist: In sehr dicht besiedelten Gebieten werden in der Regel weniger Wertstoffe erfasst, als im Durchschnitt. Es versickert viel zu viel im Restmüll – selbst dort wo es ein flächendeckendes Systemangebot gibt.
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Quellen:
http://wertstoffgesetz-fakten.de/wp-content/uploads/INFA_Gutachten.pdf
http://wertstoffgesetz-fakten.de/wp-content/uploads/INFA_Kurzfassung.pdf
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