Recycling- und Abfallwirtschaft: Die Politik ist … abwesend?!

Gepostet von am 7. Feb 2018

Recycling- und Abfallwirtschaft: Die Politik ist … abwesend?!

Ein Kommentar

„Deutschland ist führungslos, planlos, machtlos,“ so titelte das Politikmagazin Cicero. Das zeigt sich offenbar auch in der Abfall-, Kreislauf- oder Recyclingwirtschaft. Importverbot für Plastikabfälle in China, dazu eine seit Jahren stetig zunehmende Mengen an Verpackungsmüll und dann noch der Griff des Branchenreisen nach den Platzhirschen des Dualen Systems. Wie steht es also um die Daseinsvorsorge in Sachen Abfall? Die neue Regierung, gehen wir einmal von der GroKo aus, wird sich damit schleunigst auseinandersetzen müssen.

Gefangen im Alles-wird-gut Modus?

„Das Märchen vom Recycling-Meister Deutschland,“ so sieht es die Wirtschaftswoche. „Alleine in Deutschland fallen jedes Jahr mehr als 6 Millionen Tonnen Plastikmüll an. Damit hat sich die Abfallmenge zwischen 1994 und 2015 sogar noch verdoppelt.“ So geht es weiter im Text. Dazu muss man wissen: Aus nur 38% des Plastikmülls entstehen auch tatsächlich neue Produkte. Der Großteil wird thermisch, sprich in Müllverbrennungsanlagen, verwertet. Der Rest wurde exportiert – bis zum 01.01.2018.

China schafft Tatsachen

Das Importverbot für Plastikabfälle in China hat den Sektor scheinbar kalt erwischt. Während der NABU darin eine Chance für Deutschland sieht, scheitert die EU-Kommission doch noch eine Übergangsfrist mit China herauszuschinden und zieht mit einer Kunststoffstrategie nach. Selbst im Feld der Gewerbeabfälle, einem bisher gut bewirtschaften Teil der Kreislaufwirtschaft, schient es zu einer Unwucht gekommen zu sein. Zumindest sieht das der BDE so und drängt auf eine zügige Vorlage von Vollzugshinweisen zur novellierten Gewerbeabfallverordnung.

Alarmruf der Kunststoffrecycler

Die Pressemeldung in der letzte Woche der Kunststoffrecycler zeigt, dass ein lange verdrängtes Thema plötzlich einen enormen Handlungsbedarf hervorruft. Nun wird der Ruf nach einer Standardisierung der Verpackungen geradezu beängstigend laut. Das Duale System ist dabei genauso in der Pflicht wie die Verpackungshersteller. Wir vom Wertstoffblog haben immer wieder auf die Schwierigkeit des Recyclings von Verbundwerkstoffen hingewiesen. Nun scheint also, unter offenbar großen Schmerzen der Branche, Schwung in die Diskussion zu kommen. China schafft Tatsachen am Markt – und Handlungsbedarf.

Überrumpelt oder verdrängt?

Das sind sichtbare Entwicklungen, die sich seit längerer Zeit ankündigen. Doch offenbar war niemandem so recht bewusst, wohin der Zug der Kreislaufwirtschaft fährt. Dass es nach vielen Jahren politischen Hickhacks und einiger Wickelzüge verschiedener Stakeholder nur zu einem Verpackungsgesetz und nicht zu einem Wertstoffgesetz gereicht hat, ist der sichtbare Teil eines fehlenden Grundkonsenses in der politischen Landschaft. Es widerspiegelt sich darin zudem der seit langem anhaltende Kampf zwischen den privaten und den kommunalen Entsorgern.

Konzentration in der Abfallwirtschaft

Zitieren wir die Frankfurter Allgemeine Zeitung: „Die Müllbranche bangt: Remondis sondiert die Übernahme des Dualen Systems. Für die Verbraucher könnte das teuer werden.“ Diese Entwicklung ist nicht neu. Mittels geschickter Einkaufspolitik und erfolgreichen Private-Public-Partnerships bringt sich der Branchenreise immer mehr in Richtung eines Monopolisten. Keine Frage, das ist das, was Unternehmen nun mal versuchen zu tun. Das Kartellamt musste dem Treiben meistens machtlos zuschauen, weil die Umsätze in aller Regel unter den Aufgreifschwellen der Fusionskontrolle blieben.

Nicht nur der Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung (BVSE) befürchtet, dass seine Mitgliedsunternehmen dann vollends unter die Räder geraten. Bei einer Übernahme des DSD sei es deshalb nur eine Frage der Zeit, bis Remondis auch im Kunststoffrecycling zum marktbeherrschenden Unternehmen werde. Monopolbildungen sind auch für die Verbraucher schlecht, denn Monopolisten diktieren dem Markt ihren Preis. Das ist kein wünschenswerter Zustand in einer funktionierenden Marktwirtschaft.

Daseinsvorsorge – Die Politik ist in der Pflicht

Nun sollte man bei den scheinbar „furchtbaren“ Entwicklungen das Kind nicht mit dem Bad ausschütten. Vielmehr sollte sich die Politik mit dem Thema Daseinsvorsorge auseinandersetzen und ihr endlich die entsprechende Priorität einräumen. Das betrifft nicht nur Deutschland, sondern das gesamte Europa und letztlich die Weltgemeinschaft. China schafft Tatsachen, weil es genug eigene Probleme hat und verlagert das Problem nach Europa. Nach wie vor gibt es in Europa ein dramatisches Recyclinggefälle, worauf wir vom wertstoffblog.de schon 2015 hingewiesen haben.

Lenkungsmaßnahmen und Bewusstseinsbildung

Das Thema Produktverantwortung der Hersteller ist damit komplexer geworden, weil durch ein geändertes Verbraucherverhalten der Kontext wie Logistik, Verpackungen usw. nun in den Fokus der Überlegungen einer Kreislaufwirtschaft rücken müssen. Das fordert von allen Beteiligten sich noch mehr auf das komplexe System Kreislaufwirtschaft einzulassen um Lösungen und gangbare Wege zu finden. Aber auch so wettbewerbsverzerrende Faktoren wie die Tatsache, dass viele Recyclingrohstoffe teurer sind als Primarrohstoffe, brauchen eine nachhaltige Lösung.

Dazu muss aber auch in der Bevölkerung viel mehr Bewusstsein geschaffen werden und an einigen Stellen wird es Lenkungsmaßnahmen brauchen. Diese Aufgaben sind übrigens nicht neu. Beim Eintritt ins Recyclingzeitalter waren ähnliche Hürden zu nehmen – und ist einige Zeit sogar sehr gut gelungen. Und wir sind gespannt, welche Disruption zusätzlich die zukünftige Digitalisierung der Kreislaufwirtschaft bringt.

 

 

 

 

 

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