Produktverantwortung: (K)eine Sache von Hersteller und Verbraucher?
Die Verantwortung für ein Produkt liegt laut Gesetz beim Hersteller. Dieses Konzept der Produktverantwortung soll einen Anreiz dafür schaffen, dass Hersteller ihre Produkte von der Idee über die Fertigung und den Gebrauch bis hin zur Entsorgung möglichst umweltfreundlich, sprich: abfallarm, gestalten. Die Praxis zeigt, dass das Konzept nur teilweise greift.
Liegt das daran, dass eine somit in der Abfallwirtschaft verankerte Produktverantwortung nicht ausreicht, um Abfall zu sparen? Sollten die Verbraucher mehr Produktverantwortung übernehmen? Wie könnte das gelingen?
Beim Kauf eines Produkts erhoffe ich mir als Verbraucher desselben, dass es meine Erwartungen erfüllt. Erwartungen,
- die ich aufgrund von Erfahrungen mit dem Produkt oder ähnlichen Produkten habe
- oder die in mir mit Werbeversprechen seitens des Produktherstellers oder eines Herstellers ähnlicher Produkte oder seitens des Anbieters (Händlers) geweckt wurden.
Während ich nach deutschem Recht den für ein Produkt fälligen Kaufpreis fristgemäß zahlen und das somit gekaufte Produkt annehmen muss, ist der Verkäufer hierzulande verpflichtet, mir das Produkt pünktlich und ohne Mängel zu übergeben und somit das Eigentum am Produkt auf mich zu übertragen. Die Produktverantwortung liegt dabei beim Hersteller des Produkts.
Was ist Produktverantwortung des Herstellers?
Der Begriff Produktverantwortung meint nach geltendem Recht buchstäblich die Verantwortung eines Herstellers für sein Produkt. Sie umfasst eine sowohl im ökonomischen als auch im ökologischen Sinne verantwortungsbewusste Planung, Produktion und Entsorgung des Produkts.
Gesetzlich verankert ist die Produktverantwortung des Herstellers im Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen (kurz: Kreislaufwirtschaftsgesetz, KrWG). Wer das genau lesen will, findet hier den kompletten Gesetzestext. Im Paragraf 23 „Produktverantwortung“ heißt es wortwörtlich:
(1) Wer Erzeugnisse entwickelt, herstellt, be- oder verarbeitet oder vertreibt, trägt zur Erfüllung der Ziele der Kreislaufwirtschaft die Produktverantwortung. Erzeugnisse sind möglichst so zu gestalten, dass bei ihrer Herstellung und ihrem Gebrauch das Entstehen von Abfällen vermindert wird und sichergestellt ist, dass die nach ihrem Gebrauch entstandenen Abfälle umweltverträglich verwertet oder beseitigt werden.
(2) Die Produktverantwortung umfasst insbesondere
- die Entwicklung, die Herstellung und das Inverkehrbringen von Erzeugnissen, die mehrfach verwendbar, technisch langlebig und nach Gebrauch zur ordnungsgemäßen, schadlosen und hochwertigen Verwertung sowie zur umweltverträglichen Beseitigung geeignet sind,
- den vorrangigen Einsatz von verwertbaren Abfällen oder sekundären Rohstoffen bei der Herstellung von Erzeugnissen,
- die Kennzeichnung von schadstoffhaltigen Erzeugnissen, um sicherzustellen, dass die nach Gebrauch verbleibenden Abfälle umweltverträglich verwertet oder beseitigt werden,
- den Hinweis auf Rückgabe-, Wiederverwendungs- und Verwertungsmöglichkeiten oder -pflichten und Pfandregelungen durch Kennzeichnung der Erzeugnisse sowie
- die Rücknahme der Erzeugnisse und der nach Gebrauch der Erzeugnisse verbleibenden Abfälle sowie deren nachfolgende umweltverträgliche Verwertung oder Beseitigung.
(3) Im Rahmen der Produktverantwortung nach den Absätzen 1 und 2 sind neben der Verhältnismäßigkeit der Anforderungen entsprechend § 7 Absatz 4 die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergebenden Regelungen zur Produktverantwortung und zum Schutz von Mensch und Umwelt sowie die Festlegungen des Gemeinschaftsrechts über den freien Warenverkehr zu berücksichtigen.
(4) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnungen auf Grund der §§ 24 und 25, welche Verpflichteten die Produktverantwortung nach den Absätzen 1 und 2 wahrzunehmen haben. Sie legt zugleich fest, für welche Erzeugnisse und in welcher Art und Weise die Produktverantwortung wahrzunehmen ist.
Die dem Text folgenden Paragrafen 24 bis 27 des Abschnitts 3 zur Produktverantwortung regeln die „Anforderungen an Verbote, Beschränkungen und Kennzeichnungen“, die „Anforderungen an Rücknahme- und Rückgabepflichten“, die „Freiwillige Rücknahme“ und die „Besitzerpflichten nach Rücknahme“.
Soweit die Theorie. Demnach ist Produktverantwortung ein Thema, das in der Wirtschaft verankert ist. Doch reicht es, die Hersteller in die Pflicht zu nehmen? Sollte man die Produktverantwortung nicht auf alle übertragen, insbesondere auch auf uns Verbraucher?
Produktverantwortung ist auch Sache der Verbraucher – oder nicht?
Nehmen wir einmal das Beispiel Batterien. Davon hat wohl jeder von uns welche in Betrieb, um – unabhängig vom Stromnetz – Taschenlampe, Wecker, Kamera, Küchenwaage, Spielzeug sowie Fernbedienungen zu betreiben, die TV und Stereo-Anlage, Garagentor oder Fensterjalousie steuern. Laut Umweltbundesamt (UBA) wurden im Jahr 2012 43.549 Tonnen Gerätebatterien in Verkehr gebracht. Das sind mehr als 1,5 Milliarden Stück! Umgerechnet auf die Einwohnerzahl habe demnach jeder deutsche Verbraucher rund 20 Batterien pro Jahr gekauft.
Gut zu wissen: Laut Gesetz sind wir Verbraucher längst verpflichtet, sämtliche nach Gebrauch anfallenden Altbatterien beim Handel oder entsprechenden Rücknahmestellen abzuliefern. Diese Rücknahmesysteme wiederum sind per Gesetz zu Mindestsammelquoten verpflichtet.
Ein Blick auf die Zahlen zeigt: 2012 betrug die Sammelquote für Geräte-Altbatterien insgesamt 42,1 Prozent. Das sind weniger als die Hälfte und 1,1 Prozentpunkte weniger als 2011! Von der oben bezifferten Masse der in 2012 in Verkehr gebrachten Gerätebatterien wurden im gleichen Zeitraum nur 18.165 Tonnen Geräte-Altbatterien zurückgenommen. Eine schlechte Nachricht, die auch von der Tatsache, dass von den zurückgegebenen Altbatterien laut UBA alle den Verwertern zugeführt und hochwertig recycelt werden, nicht besser wird. Gleichwohl das bedeutet, dass die Rücknahmesysteme funktionieren und wir Verbraucher hier unserer Produktverantwortung nicht gerecht werden.
Die Hälfe der Gerätebatterien wird zurückgebracht!
Woran liegt es, dass wir nicht mal die Hälfte der in Verkehr gebrachten Gerätebatterien zurückbringen? Wo landet die andere Hälfte? Im Hausmüll?
Ich kann diese Fragen nur für mich und meinen Batterie-Haushalt beurteilen. Wir brauchen viele Batterien. Doch wir achten darauf, möglichst wieder aufladbare zu kaufen und laden diese auch auf – mit grünem Ökostrom, selbstverständlich. Die paar anderen Batterien, die wir darüber hinaus verbrauchen, sammeln wir und bringen sie zum Sammelbehälter im Supermarkt um die Ecke. Warum wir so handeln? Weil wir um die ökologische Problematik von Wegwerfbatterien wissen, die eine der größten Umweltsünden schlechthin sind.
Aber das weiß doch heutzutage jeder, oder? Ist es Bequemlichkeit (um nicht zu schreiben: Faulheit), die verhindert, dass Verbraucher ihre Batterien nicht sammeln und abgeben? Und wie sollte man dagegen angehen?
Ich zeige meinen Kids, wie man verantwortlich mit Produkten umgeht. Ich fordere aber, dass das Thema Ökologie auf den Stundenplan unserer Schulen kommt. Denn nur, wer von klein auf an über ökologische Sachverhalte aufgeklärt wird, lernt, ökologisch zu handeln und Produktverantwortung zu übernehmen.
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